Bewegung zur Musik schafft ein Verständnis für Impulse, Spannungsabläufe und Stimmungen. Die Bewegungen stehen dabei im Bezug zum Gehörten – entweder wird ein Musikstück interpretiert oder mit einem Interpretationswunsch ein passendes Musikstück ausgesucht. Die Bewegungen können Tänze, Choreografien und Gesten sein, aber auch natürliche Bewegungsabläufe.
Dazu sollte vorweg das Körperbewusstsein erhöht und die Möglichkeiten der eigenen Bewegungen erkundet werden. Hier können sich die Teilnehmenden im Raum bewegen und nun auf Kommandos Bewegungsabläufe variieren: Das Lauftempo bis zur Zeitlupe verlangsamen oder beschleunigen, verschiedene Emotionen im Gang ausdrücken, wie bestimmte Figuren gehen oder z.B. eckig oder rund bewegen.
Nun wird das Stück gehört und sich in Kleingruppen oder alleine für ein Bewegungskonzept entschieden: Soll es abstrakt bleiben und vor allem Spannungen, Impulse, Emotionen visualisieren? Oder soll der Schwerpunkt auf dem Erzählen einer Geschichte liegen und der Bewegungsablauf alltäglicher sein?
Auch anders herum kann zunächst ein Bewegungskonzept und eventuell auch eine gewünschte Aussage stehen und dann das passende Stück aus einigen Beispielen herausgesucht werden.
Bei einer eher tänzerischen Interpretation kann die Wahl sehr abstrakt sein, jedoch etwa bei Liedern bestimmte Worte konkreter ausdrücken. Wollen wir die Spannungs- und Emotionsabläufe interpretieren? Hat das Stück eine bestimmte Aussage, die uns leitet? Wollen wir Bewegungsabläufe für eine Person oder für eine Gruppe gestalten? Wie wirken in der Gruppe koordinierte, gegensätzliche und individuelle Bewegungen, was passt wann zum Stück? Sind gehaltene Posen und Stillstand auch Bewegung?
Eine erzählende Interpretation erkennt in dem Stück eine Handlung, diese kann auch im Kontext eines Titels bzw. einer Aussage des Stücks stehen. Dabei können die handelnden Figuren vom Stück vorgegeben sein oder sich ausgedacht werden. Die Bewegungsabläufe können nun ebenfalls tänzerisch sein, werden aber von der Handlung geleitet. Erzählende Konzepte bieten jedoch auch die Möglichkeit für eine schauspielerische Interpretation der handelnden Figuren und/oder einer alltägliche Bewegungsweise.
In der Arbeit mit Hörbeeinträchtigten, aber auch sonst, kann mit Gebärdensprache gearbeitet werden. Wie sieht der Liedtext in Gebärde aus? Wie kann durch diese Art von Bewegung »gesungen« werden? Wie kann Gebärde zu einem ganzkörperlichen Tanz werden? Welche Stücke haben eine enge Verbindung zum Thema Gehörlosigkeit, Stille o.ä.?
Stücke in Bewegung zu interpretieren eignet sich besonders beim Kennenlernen neuer Stücke, bei der Arbeit mit Jugendensembles, für Probenwochenenden, aber auch für Neustart-Proben, in denen häufige Sing-/Spielpausen nötig sind. Auch für digitale Proben ist es eine passende Methodik: Hier wird der Video-Bildausschnitt zur Bühne. Kleingruppen können in Breakout-Sessions einen Stückausschnitt in Bewegung interpretieren. Ist ein komplettes Stück in Kleingruppen aufgeteilt, kann es anschließend in der großen Runde eingespielt werden und die Gruppen steigen nacheinander ein, um ihre Ergebnisse zu präsentieren. Auch für Splitscreen- und andere Musikvideos eignen sich solche Interpretationen.
IMPULSFRAGEN
- Welche Stücke eigenen sich für eine Bewegungsinterpretation?
- Sollen sie Abschnittsweise oder im Ganzen erarbeitet werden?
- Soll ein Ausdruckswunsch vor einer Stückwahl stehen oder ein bestimmtes Stück eine Interpretationsidee anregen?
- Wie kann ein Körper sich bewegen, sich bewegt ausdrücken?
- Wie abstrakt oder konkret ist unser Ausdruck?
- Wie alltäglich sind unserer Bewegungen?
- Erzählen wir eine konkrete Geschichte?
- Bewegen wir uns als Gruppe oder Individuen oder beides?
- Welcher Anlass und welches Projekt sind passend für eine solche Bewegungsinterpretation?