MUSIKSTÜCKE ENTDECKEN: Szenisch interpretieren

Ein szenisches Interpretieren von Musik eignet sich besonders für Stücke mit Figuren und klarer Handlung, ist aber bei Stücken mit programmatischen Titeln oder Szenerien möglich. Ein Musikstück kann darüber hinaus auch in einem biografischen Kontext des*der Komponist*in interpretiert werden und als Resultat können z.B. Szenen für ein Musikvideo entstehen.

Die Musik wird zunächst angehört und spontane Assoziationen zu den Themen des Stücks werden gesammelt. Die Assoziationen können auch vor dem Hören zum Titel erfolgen und mögliche musikalische Ausdrucksformen dafür überlegt werden.

Nun können die Szenerien entweder gemalt oder mit Schildern benannt und ausgestaltet werden. Um sich dort besser einzufühlen, kann die Leitung eine Traumreise erzählen und optional mit Musikausschnitten oder Geräuschen und Gerüchen unterlegen.

Sollte es keine Rollen geben, können nun mögliche Handlungen interpretiert und allgemeine Figuren dazu ausgedacht werden (z.B. »ein Jäger«). Diese Handlungen und Figuren können auch biografisch zugeordnet werden, etwa der Komponist und seine Geliebte. Nun nähert man sich impulshaft diesen Figuren oder den tatsächlichen Rollen durch Körperhaltungen: Dafür können mehrere Personen mit dem Rücken zu den anderen stehen und sich auf »los« umdrehen und in den Charakter springen. Die beobachtende Gruppe kann vergleichen und kommentieren. Die Rollen werden geschlechtsunabhängig und auch mehrfach vergeben.

Nun wird Körperlichkeit und Sprachausdruck entdeckt. Dafür gehen alle gleichzeitig durch den Raum. Vom reinen Gehen als Figur kann auch zum Ausdrücken verschiedener Emotionen als Figur im Gehen übergegangen werden. Hier eignet sich auch die Arbeit mit Schlüsselsätzen: Diese können entweder dem Text entnommen oder sich ohne Text ausgedacht werden. Nun wird mit den Schlüsselsätzen beim Gehen improvisiert: Vor sich hin sprechen oder nur bei Begegnungen mit anderen, auf Kommando die Sätze in unterschiedlichen Ausdrucksweisen sprechen u.v.m.

Um die Rollen noch lebendiger werden zu lassen, kann ihre Biografie erkundet werden: Hier werden Informationslücken gefüllt oder sich eine Biografie komplett ausgedacht. In Interviews können mehrere Personen als dieselbe Figur antworten. Sie sitzen dabei mit dem Rücken zur restlichen Gruppe. Figur 1, wie alt bist du? Hast du Familie? Wie bist du aufgewachsen? Hier können auch erste Beziehungskonstellationen erforscht werden: Figur 1, wie stehst du zu Figur 2? Was denkst du über Figur 3?

Was machen die Figuren für typische Bewegungen? Hier kann in Kleingruppen eine Choreografie von Bewegungen einer Figur entwickelt werden, die zur Musik geloopt und anschließend präsentiert wird.

Bilderstellen kann Situationen, Figurenkonstellationen, Schlüsselmomente oder Szenenessenzen visualisieren. Die Standbilder können nonverbal von einer kleinen Gruppe gebaut werden und anschließend von den anderen kommentiert, mit Fragen erkunden, verändert oder erweitert werden. Hier kann auch zur Musik eine Szene gespielt und bei Musikstopp sofort ein Bild des jeweiligen Moments gestellt werden.

Auch singen und improvisieren kann verwendet werden: Zunächst kann mit Gehen im Raum und dem Singen einzelner Fetzen die Singhaltung der Rolle erkundet werden. Auch kann eine Szene zur Musik improvisiert werden: Entweder nonverbal oder mit zusätzlichem Singen der Schlüsselsätze der Rollen. Auch das Spielen einer Szene mit kommentierendem Singen in Rezitativform ist möglich.

Nach dieser intensiven Beschäftigung mit bestimmten Figuren sollte es ein Ausfühlungsritual geben, in dem die Teilnehmenden aus den Rollen entlassen werden. Zum Abschluss findet eine Reflexion statt. Hier kann über Schwierigkeiten beim Spielen, interessante Facetten der Figuren, Ausdrucksweisen etc. gesprochen werden. Auch ein kurzes Blitzlicht reihum ist möglich: Jede*r sagt einen Satz, eine Erkenntnis, einen Kommentar o.Ä., das Gesagte bleibt von den anderen unkommentiert. Nun kann noch einmal die Musik gehört werden.

IMPULSFRAGEN

  • In welchem biografischen Kontext steht das Stück?
  • Welche Szenerie hat das Stück?
  • Hat das Stück Rollen? Wenn nein, welche Figuren passen zum Stück?
  • Wie könnten diese Rollen/Figuren impulshaft aussehen?
  • Wie können die Rollen/Figuren sich körperlich und sprachlich ausdrücken? Gibt es Schlüsselsätze?
  • Wie stellen wir uns die Biografie der Rollen/Figuren vor?
  • Welche typischen Bewegungen machen die Rollen/Figuren? Wie gehen sie aus der Musik hervor?
  • Wie können Figurenkonstellationen oder Szenen in einem Standbild eingefangen werden?
  • Wie verlassen wir die Rollen/Figuren wieder?
  • Was hat uns bewegt, ist uns aufgefallen, ist bemerkenswert?