Partizipation im Ensemble

Partizipation kann mit einer Vielzahl anderer Begriffe wie Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitsprache oder Mitbestimmung übersetzt werden und findet in unterschiedlichen Kontexten Anwendung. Das Amateurmusizieren als größte zivilgesellschaftliche Kulturbewegung in Deutschland lebt von der Partizipation: Menschen engagieren sich in ihrer Freizeit.

Wenn über Partizipation und Engagement in Amateurmusikensembles gesprochen wird, dann meist nur über diejenigen, die im Vorstand mitarbeiten. Das Ensemble profitiert jedoch musikalisch wie organisatorisch am stärksten, wenn sich möglichst viele Mitglieder einbringen. So können unterschiedliche Perspektiven abgebildet werden und Ensemblemitglieder durch das eigene Tun Selbstwirksamkeit erfahren.

Inhalt

Partizipation im Amateurmusikensemble

Das gemeinsame Musizieren und Organisieren im Ensemble ermöglicht Partizipation für die Mitglieder eines Chores oder Orchesters. Die Graphik veranschaulicht, dass sich Partizipation in einem Amateurmusikensemble aus den drei Bereichen Mitwirken, Mitbestimmen und Mitgestalten zusammensetzt. Die Übergänge dieser Bereiche sind fließend und sie sind eng miteinander verknüpft. Zudem ist Partizipation als Form einer aktiven Beteiligung mit unterschiedlich großem Aufwand von jeder und jedem im Ensemble möglich.

Im Folgenden werden die drei Partizipationsbereiche am Beispiel der Vorbereitung eines Konzertes verdeutlicht und einfache Methoden an die Hand gegeben, um Mitglieder zur mehr Partizipation anzuregen.

Partizipation Mitgwirken Mitgestimmen Mitgestalten
Partizipation: Mitwirken Mitbestimmen Mitgestalten, Neustart Amateurmusik

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Die Plakate geben einen Überblick über die mögliche Einbeziehung der Ensemblemitglieder. Das Ensemble profitiert musikalisch wie organisatorisch am stärksten, wenn sich möglichst viele Mitglieder einbringen. So können unterschiedliche Perspektiven abgebildet werden und Ensemblemitglieder durch das eigene Tun Selbstwirksamkeit erfahren. Stand: 30.06.2023

Das sagt die Wissenschaft

Die Motive für ehrenamtliches Engagement sind vielfältig (siehe auch Gesellschaftliches Engagement im Ort). Insbesondere soziale Aspekte, eigene Interessen und Persönlichkeit sowie Bezug zum Beruf/Studium sind entscheidend. Das Amateurmusizieren als größte zivilgesellschaftliche Kulturbewegung in Deutschland lebt davon, dass sich Menschen in ihrem Umfeld selbstbestimmt und freiwillig engagieren. Das heißt, die Amateurmusik ist ein zentraler Gesellschaftsbereich, in dem Partizipation aktiv und eigenverantwortlich gestaltet wird. [1]

Wenn Mitwirkende über das gemeinsame Musizieren und den Ensemblealltag sprechen, zeigt sich durchweg ein sehr positives Bild des ehrenamtlichen Engagements in Amateurmusikensembles. Sie beschreiben die Atmosphäre in Ensembles als bestärkend, unterstützend, hilfsbereit und verständnisvoll. Alle können ungeachtet ihrer Vorkenntnisse und Erfahrungen mitwirken. Zudem berichten Mitwirkende von persönlicher Entwicklung durch die Möglichkeit, im Ensemble Partizipation zu erleben und zu gestalten. Denn die Aspekte Durchhaltevermögen, Verantwortungsbewusstsein und Zusammenarbeit sind beispielsweise bei der Vorbereitung auf ein Konzert elementar. Durch das aktive Einbringen und eigene Tun kann Partizipation sowohl auf musikalischer als auch organisatorischer Ebene zum Erfahren von Selbstwirksamkeit führen. [1]

Das Engagement in einem Ensemble kann darüber hinaus das individuelle Wohlbefinden der Teilnehmenden erhöhen, da unter anderem die drei psychologischen Grundbedürfnisse Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit ermöglicht werden. So können Personen in einem Ensemble zum Beispiel durch das Erreichen eines Zieles, sowohl im musikalischen als auch organisatorischen Kontext, Kompetenzerfahrungen machen. Die Möglichkeit zum Treffen eigener Entscheidungen und Mitsprache im Ensemble erfüllt das Bedürfnis nach Autonomie. Das dritte Grundbedürfnis nach Verbundenheit und Eingebundenheit in einen sozialen Rahmen wird im Zusammenhang von Partizipation und Gemeinschaft deutlich. Durch das gemeinsame Tun und die aktive Mitgestaltung der Gemeinschaft entsteht ein Zugehörigkeitsgefühl zum Ensemble. Diese Zugehörigkeit stellt sich nicht automatisch ein, sondern muss erst erlebt werden. Das heißt: die reine Mitgliedschaft genügt nicht, um von den positiven Aspekten der Gemeinschaft zu profitieren. [1]

Im Ensemble hängen Gemeinschaft, Musikpraxis und Ehrenamt direkt zusammen. Ehrenamtliches Engagement bildet ebenso wie das Teilen gemeinsamer Zeit oder das Hinwirken auf eine gemeinsame Aktivität eine Grundlage für das Entstehen einer Gemeinschaft. Besonders wichtig ist für Mitwirkende das Erreichen von gemeinsam gesteckten Zielen. Das gemeinsame Musizieren, aber auch gemeinsame Organisieren im Ensemble stärkt die Motivation und den Zusammenhalt. Dies führt zu besseren Leistungen im Ensemble, sowohl musikalisch als auch organisatorisch und beeinflusst die Stimmung positiv. Ein Ensemble kann davon profitieren, wenn durch freie Entfaltung Partizipation und (musikalisches) Sich-Ausprobieren gefördert werden. [1]

Ehrenamtliches Engagement ist nicht allein auf die Arbeit im Vorstand eines Ensembles beschränkt. Viel mehr werden räumlich und zeitlich begrenzte Aufgaben zunehmend beliebter und auch der Spaß an der Tätigkeit steht im Vordergrund. Um in den Amateurmusikensembles mehr Menschen vom Mitwirken, Mitbestimmen und Mitgestalten zu begeistern, gilt es also, individualisierte, flexible und offene Formen zu finden sowie den Wert von zeitlich begrenztem Engagement zu erkennen und wertzuschätzen. [1]

In den “Positiven Aspekten des Musizierens” [1] sind im Kapitel 5.3. Wechselwirkung von Partizipation, Bedürfnisorientierung und Gemeinschaftsbildung weitere Infos und Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Studien zusammengestellt.

Mitwirken

Mitwirken ist mehr als nur die reine Mitgliedschaft. Aktiv an der Ensemblearbeit mitzuwirken und mitzuspielen, bedeutet Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen und seine Bedürfnisse zu kommunizieren.  

Beispiel: Wirken Sie schon mit?

Die Vorbereitung eines Konzertes erfordert die aktive Mitwirkung jedes einzelnen Mitglieds. So gilt es, Verantwortung für sich und für die Gruppe zu übernehmen, indem regelmäßig, aktiv und konzentriert an Proben teilgenommen wird. Feedback, Kritik und Verbesserungsvorschläge seitens der musikalischen Leitung sollten dabei angenommen und umgesetzt werden. Zur Vorbereitung auf Probe und Konzert gehört neben dem regelmäßigen Üben z. B. die Pflege des Instruments und das Mitbringen benötigter Noten und anderem Zubehör wie Notenständer und Bleistift. Beim Konzert wie auch bei Proben, sollten Absprachen eingehalten werden. Dies betrifft bspw. Pünktlichkeit, Kleiderordnung oder geplante Abläufe. Unmittelbar vor dem Konzert sollten Mitwirkende beim Aufbauen für das Konzert helfen (z. B. Dekorieren, Stühle stellen, Bühnenaufbau) oder anderweitig zum Gelingen beitragen (z. B. Kuchen backen, Getränke- oder Essensverkauf).

Aktiv an der Kommunikation in einem Ensemble teilzunehmen, ist nicht nur entscheidend für reibungslose Abläufe, sondern Grundvoraussetzung für das Wohlfühlen aller. So sollten Mitwirkende sowohl bei Ansagen Verantwortlicher zuhören und diese umsetzen als auch selbst Bedürfnisse (Einschätzungen zum Schwierigkeitsgrad der Stücke, Störungen bei Proben durch lautes Reden oder Bedürfnisse nach Pausen) kommunizieren. Dabei gilt es, gewaltfrei zu kommunizieren (siehe 3.2 und auch Fehlerhafte Kommunikation – wie man Konflikte lösen kann) beziehungsweise vereinbarte Kommunikationsregeln einzuhalten.

Wertschätzende Kommunikation auf Augenhöhe ist ein fortlaufender Prozess, der nicht nach kurzer Zeit abgearbeitet ist und dann nicht mehr beachtet werden müsste. Das miteinander Sprechen, Entscheidungen treffen und Analysieren sowie Abwägen sind Prozesse, die einer fortlaufende Reflexion bedürfen.

Impuls: Regen Sie zur Mitwirkung an!

Um die Verantwortung aller Mitwirkenden in einem Ensemble zu verdeutlichen, kann ein sogenannter Vertrag mit sich selbst abgeschlossen werden. Inhalte könnten sich zum Beispiel auf das anstehende Konzert beziehen (Pünktlichkeit, Vorbereitung, Probenteilnahme). Die Unterschrift der Beteiligten sorgt für Verbindlichkeit. Der Vertrag kann von Ensembleverantwortlichen oder aber vom Mitglied selbst entworfen werden.

Schnelle Feedback-Methoden ermöglichen jedem Mitglied, eigene Meinung und eigene Bedürfnisse auszudrücken.

  • Beim Wetterbericht können Wetterphänomene (sonnig, regnerisch, stürmisch, kalt, wolkig) genutzt werden, um zum Beispiel über die Wahrnehmung der eigenen Vorbereitung auf das Konzert zu diskutieren („Für meine Konzertvorbereitung zieht nach dieser Probe ein kleines Gewitter auf, da ich gemerkt habe, dass ich einige Stellen noch üben muss.”)
  • Bei der Zielscheibe kann Feedback von jedem Mitglied zu einem bestimmten Thema (z. B. die musikalische Leistung des Orchesters beim Konzert) durch das Ankleben von Klebepunkten auf ein Plakat mit aufgezeichneter Zielscheibe abgefragt werden. Je näher der Klebepunkt Richtung Mitte geklebt wird, desto positiver fällt das Feedback aus.
  • In einem Wunsch- und Meckerkasten können Anliegen und Probleme anonym abgefragt und erfasst werden.
  • Symbolkarten können von Mitgliedern nonverbal in Proben genutzt werden, um Bedürfnisse auszudrücken („Es ist mir zu laut”)

Die Basis sollte wie in allen sozialen Beziehungen eine wertschätzende Kommunikation bilden, bei der alle Mitglieder als eigenständige Personen wahrgenommen und unterschiedliche Meinungen und Bedürfnisse zugelassen und mitberücksichtigt werden. Kommunikationsregeln helfen diese Bedürfnisse und Meinungen angemessen vorzutragen [1]:

  • Die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation können dazu beitragen, Kommunikation in Ensembles zu verbessern und auftretende Konflikte zu lösen:
  1. Beobachtungen ansprechen, z. B.: „Ich habe bemerkt, dass ich bei der Vorbereitung des Konzertes weniger gerne zur Probe komme, weil mir viele Stücke nicht gefallen.“
  2. Gefühle, z. B.: „Ich mache mir Sorgen, dass ich künftig keine Lust mehr auf mein Hobby habe.“
  3. Bedürfnisse, z. B.: „Musizieren im Ensemble macht mir Spaß, aber einige Stücke des Konzertprogramms gefallen mir nicht. Können wir ggf. Vorschläge im Ensemble sammeln?“
  4. Verständnisbitten, z. B.: „Kannst du meine Gedanken nachvollziehen?“ (siehe auch Missverständnissen vorbeugen und Probleme lösen)
Partizipation Mitwirken
Partizipation: Mitwirken, Neustart Amateurmusik

Mitbestimmen

Beim Mitbestimmen gilt es, im besten Fall jeden in die Entscheidungsfindung einzubeziehen: durch Sammeln von Ideen, Meinungen und Gedanken und durch Wählen und Abstimmen zwischen verschiedenen Optionen. 

Beispiel: Bestimmen Sie schon mit?

Die Vorbereitung eines Konzerts bietet einige Möglichkeiten, um gemeinsame Entscheidungen zu treffen: So können beispielsweise Vorschläge für den Konzertort, das Programm, das Thema, den Titel, Werbung und Sponsor*innen des Konzerts gesammelt und über diese abgestimmt werden.  Weiterhin ist es wertvoll, im Zuge dieser Abstimmung Diskussionen mit einigen der Mitglieder anzuregen. Es ist wichtig, dass alle Mitglieder gleiche Ziele haben und an einem Strang ziehen. Dafür bedarf es zunächst Klarheit, welche Zielsetzung im Ensemble gemeinsam verfolgt wird (siehe auch Zukunft.Musik.Gestalten – Impulse & Leitfäden zur Weiterentwicklung von Ensembles und Vereinen der Amateurmusik). 

Wenn unterschiedliche Ansichten der Mitglieder über die Zielsetzungen herrschen oder vorhandene Ziele nicht klar kommuniziert werden, hemmt dies in beiden Fällen das Ensembleleben und gemeinsame Vorankommen. 

Unterschiedliche Meinungen repräsentieren die Vielfalt des Ensembles und können neue Perspektiven ermöglichen. D.h. die Pluralität von Meinungen, Ansichten und Überzeugungen sollte nicht vermieden oder unterbunden, sondern als Chance für die Verbesserung der gemeinsamen Ensemblearbeit verstanden werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit für Lob und Kritik, was das gemeinsame Arbeiten bereichern kann. Auch hier gilt es, Kommunikationsregeln zu befolgen (s. 3.2 Mitwirkung). 

Impuls: Regen Sie zur Mitbestimmung an!

  • Gemeinsam ein Regelwerk aufzustellen, ermöglicht das Einbringen der eigenen Meinung sowie von Ideen und Bedürfnissen. Das gemeinsame Aufstellen, die Abstimmung und somit Festlegung dieser Regeln für und mit alle Beteiligten sorgen für Verbindlichkeit und Bedürfnisorientierung. Es können so beispielsweise Regelwerke für das Verhalten auf der Bühne beim Konzert aufgestellt werden (Kleiderordnung, Umgang mit Getränken, Kommunikation auf der Bühne).
  • Zwei weitere Gelingensfaktoren sind zum einen ein beständiger Informationsfluss: Durch regelmäßige Informationen werden die Mitglieder kontinuierlich in das Geschehen eingebunden, wodurch die Identifikation mit dem Ensemble intensiviert werden kann. Dass alle bezüglich der Entwicklung des Ensembles mitbestimmen können, steigert das Vertrauen ebenso wie die Motivation. 
  • Zum anderen ist das Etablieren regelmäßiger Abstimmungs- und Feedback-Runden ein gutes Werkzeug, um alle Ensemblemitglieder mitzunehmen. Um z. B. Diskussionen effizient und ergebnisorientiert zu führen, kann oftmals bereits eine kleine Abstimmung für mehr Klarheit sorgen. Selbst dann, wenn sie nur ein kurzes Meinungsbild spiegelt, gibt sie einerseits Orientierung und stellt andererseits die Gesamteinschätzung der Mitglieder gebündelt dar. 

Um zum Beispiel ein Konzert zu reflektieren, bieten sich Methoden an, bei denen Mitglieder in Austausch treten, damit vielfältige Perspektiven abgebildet werden [2]:  

  • Mit der Ein-Punkt-Entscheidung können alle Mitglieder schnell über verschiedene Vorschläge abstimmen. Nach der Probe werden die Entscheidungsmöglichkeiten an einer Wand aufgehängt. Mit einem Klebepunkt stimmt jede*r schnell und anonym ab.  
  • Bei der einfachen Kartenabfrage notieren Ensemblemitglieder Gedanken, Meinungen oder Erfahrungen (zum Beispiel zu Problemen bei der Planung des Konzertes) auf einer Karte und bringen sie an eine Wand an. Diese werden im nächsten Schritt von den Ensemblemitgliedern geclustert (darunter versteht man das Sortieren von Karten mit ähnlichen oder zusammengehörigen Inhalten) und jeweils passende Oberbegriffe festgelegt. Für das nächste Konzert können daraus konkrete Handlungsanweisungen und Problemfelder abgeleitet werden.  
  • Beim Kugellager bilden die Mitglieder des Ensembles einen inneren und einen äußeren Kreis. Die sich gegenüberstehenden Personen treten nun in Austausch und sprechen zum Beispiel über konkrete Probleme oder Fragestellungen, wie die Einhaltung der Verhaltensregeln auf der Bühne oder die Auswahl der Konzertkleidung. Nach einer festgelegten Zeit rotiert der äußere Kreis, sodass sich neue Gesprächsthemen und –partner*innen ergeben.  
  • Bei der Fishbowl-Diskussion diskutieren 4–5 diskussionsfreudige oder besonders involvierte bzw. informierte Personen zu einem festgelegten Thema (z. B. die Auswahl eines Konzertprogramms). Das restliche Ensemble hört aktiv zu. Ein leerer Stuhl neben den Diskutant*innen lädt zum Mitdiskutieren der Zuhörenden an, indem dieser Stuhl einfach vorübergehend besetzt wird und so eine Beteiligung an der Diskussion möglich wird.  
Partizipation mitbestimmen
Partizipation: Mitbestimmen, Neustart Amateurmusik

Mitgestalten

Mitgestalten in einem Amateurmusikensemble beinhaltet das (Weiter)entwickeln und konkrete Ausarbeiten von Ideen sowie die Gestaltung von Meinungsabfragen und Feedbackrunden. 

Beispiel: Gestalten Sie schon mit?

Aktives Mitgestalten bei der Vorbereitung eines Konzerts kann auf musikalischer, inhaltlicher und organisatorischer Ebene stattfinden. In gewisser Weise gestaltet natürlich jede*r Mitwirkende das Konzert musikalisch mit. Solist*innen haben hier jedoch eine Sonderrolle: Sie sollten die Möglichkeit haben, eigene Interpretationen frei zu gestalten und kreativ zu sein. Kreativität ist auch bei der Gestaltung der Dramaturgie eines Konzerts (Auswahl und Ablauf einzelner Stücke, Einplanen zusätzlicher Teilnehmender wie Tanzgruppen oder Schauspieler*innen) und bei der Gestaltung und Ausführung der Moderation gefragt. Die Planung und Durchführung von Satz- oder Stimmproben kann von erfahrenen Mitgliedern des Ensembles übernommen werden.  

Um kontinuierlich die Meinung des Ensembles zu erfragen und Abstimmungen durchzuführen, müssen diese von einigen Personen gestaltet und durchgeführt werden. Dies kann auch digital erfolgen (siehe Nachhaltige digitale Ensemblearbeit). So können zum Beispiel Stimmführende immer wieder ihr Register bzw. ihre Stimmgruppe über Probleme mit den Stücken, zu Programmvorschläge oder zu ihrer Wahrnehmung der Probenatmosphäre befragen und dieses Feedback sammeln, weiterleiten oder auswerten. Nur so können Entscheidungen im Sinne des Ensembles getroffen werden. Um das Ensemble kontinuierlich auf dem Laufenden zu halten, sodass alle die Möglichkeiten haben, sich aktiv einbringen zu können, benötigt es Personen, die beispielsweise den Stand der Konzertorganisation immer wieder gegenüber dem Ensemble kommunizieren. Dies kann z. B. durch die Wahl von Chor- oder Orchestersprecher*innen erfolgen.  

Bei der Organisation eines Konzertes lassen sich viele verschiedene Aufgabenfelder finden, die aktives Gestalten ermöglichen: Kontaktaufnahme und Kommunikation mit Partner*innen, Sponsor*innen und Techniker*innen, Dekoration des Konzertorts planen und organisieren, sich um Verpflegung für Musizierende und Publikum kümmern, Flyer, Banner, Plakate und/oder Programmhefte gestalten, Pressetexte schreiben, Werbevideos erstellen, Präsente für Mitwirkende organisieren, etc.

Impuls: Regen Sie zur Mitgestaltung an!

  • Um erste Schritte zum eigenen musikalischen Gestalten zu machen (zum Beispiel um bei Konzerten als Solist*in auftreten zu können), können Mitwirkende in der Gruppe kleine Improvisationsübungen machen. Mit Hilfe von Bildern, Fotos oder Geschichten kann die Gruppe eine Klanggeschichte oder eine Klanglandschaft erzeugen, indem gezeigte Bilder oder vorgelesene Geschichten mit der Gruppe vertont werden. Da dies gänzlich ohne Noten auskommt, müssen Mitwirkende aufeinander hören und reagieren, sich den eigenen Klang vorstellen und sind zum Ausprobieren und freien Entfalten eingeladen. Weitere Ideen finden Sie hier: Improvisieren und Experimentieren 
  • Um junge Mitwirkende zu animieren, sich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen, kann eine vorübergehende oder langfristige Einrichtung eines Jugendvorstands mit Vorsitzenden sinnvoll sein. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen vom Jugendensemble gewählt werden und über eigenes Budget verfügen, welches sie eigenverantwortlich verwalten dürfen. Weiterhin soll dieser Jugendvorstand reale Projekte oder Verantwortungsbereiche besitzen. Der Jugendvorstand könnte zum Beispiel das Konzert des Jugendorchesters vorbereiten oder aber die Gestaltung der Programmhefte und Plakate für das Konzert des Hauptensembles übernehmen.  
  • Das feste Mitgliederbudget wird von allen Mitgliedern verwaltet. Ideen für dessen Ausgabe kommen von den Mitgliedern, die auch darüber abstimmen. So kann das Ensemble eine*n professionelle*n Moderator*in oder professionelle Dozent*innen für Stimmproben bei der Planung eines Konzerts berücksichtigen, wenn sich die Mitglieder gemeinsam dafür entscheiden.  
  • Der Ideensprint bietet eine Möglichkeit, schnell gestalterische Ideen aus den Reihen des Ensembles zu sammeln, aus welchem sich neue Perspektiven und Anregungen für zum Beispiel die Planung eines Konzerts ergeben. Bei dieser Methode arbeiten Ensemblemitglieder in Gruppen zusammen und versuchen in kürzester Zeit (max. 20 Minuten), Lösungen oder Ideen für eine konkrete Problemstellung zu erarbeiten. Fragestellungen wie “Wie können wir ein Konzert spannend und abwechslungsreich gestalten?” werden hier nur oberflächlich bearbeitet, können aber den Startpunkt für eine Auseinandersetzung mit neuen Themen und Impulsen markieren sowie zur Bildung neuer Arbeitsgruppen anregen.  
  • Ideen zur partizipativen Gestaltung von Proben finden Sie hier: Partizipatives Proben 
Partizipation Mitgwirken Mitgestimmen Mitgestalten
Partizipation: Mitgestalten, Neustart Amateurmusik

Rolle der Partizipation nach der Pandemie

Die Corona-Pandemie war für die Amateurmusikensembles eine große Herausforderung. Durch die Beschränkungen war das Zusammenkommen zu gemeinsamen Proben nicht mehr möglich oder wurde stark eingeschränkt. Viele Ensembles suchten Alternativen und nutzten beispielsweise digitale Formate, trafen sich in kleineren Gruppen oder probten mit Abstand in großen Räumen oder im Freien. Jedoch zeigte sich, dass die neuen alternativen Probenformate das Erleben von Gemeinschaft und das Aufrechterhalten der musikalischen Qualität erschweren. Zudem mussten viele Konzerte und Auftritte der Ensembles abgesagt werden. Einerseits fielen dadurch die Ziele weg, auf die man gemeinsam hinarbeitete. Andererseits waren die Ensembles in der Öffentlichkeit nicht präsent und somit wurden auch keine neuen Mitglieder angesprochen. Zusätzlich waren Ensembles mit der Frage konfrontiert, unter welchen Schutzmaßnahmen das gemeinsame Musizieren wieder für alle vertretbar ist. Das Diskutieren verschiedener Ansichten und die Einigung auf Schutzkonzepte, bei denen sich alle Ensemblemitglieder wohlfühlen, war nicht immer einfach. 

Als soziale Gemeinschaften mit einem erhöhten Kommunikationsbedarf sind Musikensembles nicht allein durch die Auswirkungen der Pandemie kontinuierlichen Herausforderungen unterworfen. 

So haben in der Corona-Pandemie vor allem die Gemeinschaft, die musikalische Qualität sowie die Mitgliedergewinnung gelitten. Nach den Einschnitten durch die Corona-Pandemie ist es für die Ensembles jetzt umso wichtiger, alle miteinzubeziehen und aktiv zu handeln. So sind neue Blickwinkel und Ideen entscheidend, um die aktuellen Herausforderungen zu überwinden und das eigene Ensemble zukunftssicher aufzustellen.

Natalie Röse und Annalena Groß
BDB – Bund Deutscher Blasmusikverbände e.V.
Erstellt: Mai 2023


Broschüre Hingehört – Dein Verein als Demokratiewerkstatt  vom Landesmusikrat Baden-Württemberg

Publikation Partizipation – Mein Part zählt  von der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen


Fußnoten

[1] Ausführliche wissenschaftliche Recherchearbeit in der Publikation “Positive Aspekte des Musizierens”

Quellen für Methodenpool

Institut für Jugendhilfe und Kommunalberatung e.V.
Berufsbildende Schule Trier