Eine geschulte Wahrnehmung ist ein essentieller Teil der musikalischen Praxis. In Übungen kann der Fokus dabei auf verschiedene Aspekte gelegt werden: Auf die Musik selbst, den Raum, die anderen Menschen als Musizierende oder als Mitmenschen sowie den eigenen Körper.
Musik kann durch angeleitetes Hören und Übersetzen in kreativen Ausdruck erforscht werden. Dabei werden Aspekte des Stücks sowie die eigenen Eindrücke, Empfindungen und Assoziationen wahrgenommen und kreativ ausgedrückt. Das kann beispielsweise durch kreatives Schreiben, Malen und Gestalten, Bewegen und Tanzen, Musizieren, szenisches Interpretieren oder Inszenieren passieren. Eine Kooperation und ein Austausch mit anderen erweitern noch einmal die eigene Perspektive.
Jeder Raum hat eine eigene Atmosphäre und Akustik. Diese können bewusst erforscht werden, indem die Gruppe durch den Raum geht und jede*r zielgerichtet auf einen Punkt zugeht und sich im Anschluss sofort einen neuen Punkt sucht. Durch den Raum gehend können auch Pattern gesungen oder gespielt werden. Dabei werden die Änderungen der Akustik an unterschiedlichen Positionen und Orten erfahrbar.
Beim Gehen durch den Raum kann auch der Fokus auf den anderen Musizierenden liegen. Dabei kann jede*r einen eigenen Ton wählen und bei Begegnung mit einer anderen Person den Ton des anderen bewusst hören, ohne den eigenen zu verlieren, oder möglichst dissonant werden. Auch kann der Ton aneinander angepasst werden, bis das Ensemble sich insgesamt auf einen Ton geeinigt hat. Das kann auch im Kreis mit dem Rücken zueinander stattfinden.
Im Ensemble geht es auch um Mischung und Impulskoordination. Dafür kann sich ein kleines Ensemble oder einer Stimmgruppe nacheinander klanglich an je eine Person anpassen, um die verschiedenen Farben und Musizierweisen sowie die Einheitlichkeit zu erkunden. Dafür kann auch die Aufstellung verändert werden, etwa zu einem engen Kreis. Soll eine singende Gruppe ihre Impulse koordinieren, kann sie sich dabei zur Übung auch einmal an den Händen halten oder eine Übung vorschalten, in der nonverbal Bewegungen koordiniert werden müssen (s.u.).
Um die Stimmen der anderen in einem Musikstück bewusster zu machen, kann ein Durchlauf erfolgen, in dem auf Zuruf bestimmte Stellen nur von bestimmten Gruppen gesungen oder gespielt werden. Dadurch werden das vertikale Lesen und das Verständnis für die Aufgaben der anderen Stimmen geschult.
Um den eigenen Körper bewusster wahrzunehmen und sich mit seinen Mitmenschen zu verbinden, gibt es Partner- und Gruppenübungen. In Spiegelübungen stehen sich zwei Personen gegenüber und die eine spiegelt die Bewegungen der anderen. Partnerübungen eignen sich auch zur Vertrauensbildung und einer intensiven Wachheit und Wahrnehmung der Umgebung: Dabei führt eine Person die andere, z.B. über ihre Handfläche 10cm vor dem Gesicht der zweiten Person mit geöffneten Augen oder über die aufeinandergelegten Mittelfingerspitzen und die geführte Person hat die Augen geschlossen.
Körperausdruck eignet sich auch gut für eine Gruppenübung: Hier gehen alle durch den Raum und drücken dabei auf Kommando nonverbal Emotionen, Figuren, Handlungen u.v.m. aus.
IMPULSFRAGEN
- Wozu dient eine intensivierte Wahrnehmung?
- Wie kann Musik praktisch erforscht und kreativ ausgedrückt werden?
- Wie können Atmosphäre und Akustik eines Raums bewusst erkundet werden?
- Wie können Mitmuszierende besser wahrgenommen werden?
- Wie kann Mischen und Impulskoordination geübt werden?
- Wie können vertikales Lesen und die Aufgaben anderer Stimmgruppen bewusster werden?
- Wie können in Gruppen- und Partnerübungen Körperwahrnehmung und Vertrauen verstärkt werden?