Elternarbeit in Kinder- und Jugendensembles

Kinder- und Jugendensembles richten sich selbstverständlich an Kinder und Jugendliche – doch die Eltern sind ein wesentlicher Bestandteil der Beziehung des Ensembles zu seinen Mitgliedern und der Mitglieder zum Ensemble.

Eltern möchten informiert sein, Vertrauen in die Leitenden und Betreuenden haben, um die Qualität der Ensemblearbeit wissen und sich häufig auch dafür einbringen. Und nicht zuletzt treffen sie viele Entscheidungen für ihre Kinder.

Inhalt

Eltern und das Ensemble

Damit von Anfang an über dieselben Dinge gesprochen wird und Unklarheiten aus dem Weg geräumt werden können, sollte beim Beitritt des Kindes in einen Verein/Ensemble ein Gespräch stattfinden, in dem die Strukturen vermittelt und die Werte und Pflichten des Vereins/Ensembles geklärt werden. Hier kann mit den Eltern auch schon über mögliche Formen von Engagement gesprochen und Erwartungshaltungen abgeglichen werden: Wie sehr möchten und können sich Eltern engagieren? Welche Fähigkeiten zeichnen sie besonders aus und welche möchten sie gerne einbringen? Wie viel Engagement erwünscht sich der Verein/das Ensemble? Hier kann und sollte ein für beide Seiten passender Weg gefunden werden. Dafür können sich verschiedene Formen und Größenordnungen von Engagement bewusst gemacht werden: Auch wer sein Kind nur zu Hause beim Üben unterstützt und für das Musizieren im Ensemble motiviert, engagiert sich. Für Eltern, die gerne sehr viel mitbestimmen möchten, ist es wichtig, den Bedarf eines Freiraums für ihr Kind aufzuzeigen, Ängste zu nehmen und das Vertrauen in die pädagogische und musikalische Kompetenz der Leitenden zu stärken, etwa durch Fragerunden, Gemeinschaftsaktionen, Ansprechpartner*innen, Mentor*innen, Probenbesuche, Erklären von Strukturen, Aktionen und Veranstaltungen. Dies basiert selbstverständlich auf einer beidseitigen Offenheit, einem toleranten und respektvollen Umgang und einer generellen Dialogbereitschaft zwischen Eltern und Pädagog*innen.

Austauschen und Einbinden 

Vereine und Kirchenensembles sind Orte der Gemeinschaft und des Erlebens – hier sollte auch ein Platz für Eltern geschaffen werden, beispielsweise durch Veranstaltungen, die dafür da sind, dass Kinder und Eltern gemeinsam teilnehmen. Diese Anlässe können auch musikalisch sein, z. B. Mitmachproben oder Familienensembles. Auch regelmäßige Elternabende oder Treffen, in denen sich Eltern miteinander und mit den Leitenden austauschen, können hier hilfreich sein und dazu beitragen, das Gruppengefühl der Eltern untereinander zu stärken. Ein Mitmachen und Austauschen erfordern eine klare Definition und Kommunikation über Mitbestimmungsrecht der Eltern bzw. Souveränität der Kinder, Jugendlichen und Leitenden. Wo bestimmen Eltern, wo bestimmen Leitende und wo Kinder und Jugendliche? Wo sprechen Eltern nur mit und wo können sie mitmachen?

Eltern für aktive Beteiligung motivieren 

Eine aktive Beteiligung von Eltern ist oft erwünscht und nötig: Für Fahrten, Aufbau, Verpflegung, Betreuung, Kostüme und Requisiten etc. ist ihre Hilfe essenziell für das Gelingen der Ensembleaktivitäten. Um Eltern aktiv einzubinden, sollte man sie persönlich ansprechen – und die Tätigkeit im besten Fall auch Spaß versprechen: »Wir benötigen Ihre besondere Fähigkeit! Es wird eine schöne Gemeinschaftsaktion bzw. ein tolles Erlebnis für die Kinder aus diesen und jenen Gründen! Ihre Aufgabe wäre konkret Folgendes mit folgendem Ablauf« – So werden Eltern wertgeschätzt, motiviert und können genau abschätzen, ob bzw. wie sie die jeweilige Aufgabe meistern können. Auch im Nachhinein einer Veranstaltung oder vor Ort bei einer Danksagung ist eine Würdigung des Engagements der Eltern eine schöne Geste.

Langfristiges Engagement kann ebenfalls in Elternabenden angeregt werden. Indem man neuen Engagierten Austauschrunden zur Unterstützung sowie Workshops zur Einführung in die jeweilige Aufgabe anbietet, kann die Hemmschwelle für das Engagement gesenkt werden. Auch die Einrichtung eines Elternbeirates oder einer Elternvertretung erleichtert langfristig die Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Eltern. Hier finden Sie als Beispiel die Geschäftsordnung des Elternbeirates der Kreismusikschule Kon.centus .

Kommunikation und Information 

Die Beteiligung für ein Projekt kann in einem Elternabend geplant und über Plattformen/Apps wie Padlet, Agantty oder Trello organsiert werden. Die Kommunikation mit Eltern umfasst jedoch nicht nur aktive Aufrufe und Koordination von Projektaufgaben, sondern auch eine generelle Information. Auch wenn oben genannte Apps für die Projektorganisation sehr hilfreich sind, werden relativ unbeteiligte Eltern sie nicht regelmäßig nutzen. Prinzipiell lohnt es sich, gerade mit den eher unbeteiligten Eltern das passendste Medium für die Information zu klären. Das kann auch per E-Mail sein, hier erleichtern speziell eingerichtete Verteiler für unterschiedliche Gruppen die Arbeit. Auch die analoge Methode, Notizen für die Eltern im Hausaufgabenheft einzutragen oder ein Informationsblatt mitzugeben, bietet sich für die Praxis im Einzelunterricht besonders gut an. Für eine kurzfristigere Information eignen sich eher Messenger-Apps, wie beispielsweise die App Slack, mit welcher Nachrichten gezielt an bestimmte Gruppen mit vorher definierten Kategorien gesendet werden können (z.B. Holzbläser, Eltern Kammerchor, Sopran, Jugendvorstand, Alle Eltern…). Auch andere Messenger-Apps eignen sich für Kurzinformationen – wichtig dabei ist klarzustellen, dass die App kein Ort der Diskussion, sondern nur der Information ist, und wann und in welcher Form stattdessen Raum für Diskussion ist. Zusätzlich kann ein interner Bereich auf der Ensemble-Website nicht nur für Noten und Übematerial, sondern auch zur Kommunikation mit den Eltern genutzt werden: für Formulare, Probenpläne, Termine etc. zur Einsicht und zum Download.

Eltern in Nachwuchsgewinnung einbinden 

Auch in der Nachwuchsgewinnung sind die Eltern eine Zielgruppe, die miteinbezogen werden sollte. Wenn Eltern bereits Kenntnis des Ensembles und Vertrauen in die Qualität und Leitenden gefasst haben, werden sie von einem motivierten Kind leichter überzeugt. Daher kann z.B. mit Schulen, Kindergärten oder Kitas kooperiert und an deren Elternabenden teilgenommen werden. Hier ist Zeit für ein Kennenlernen, für Information über das Ensemble, für Argumente zum Musizieren und für das Beantworten von möglichen Rückfragen. Im Anschluss daran kann ein Aktionstag mit einem Instrumentenkarussell oder einem Singworkshop in Schulklassen stattfinden. Hier lohnt es sich, den Kindern etwas mitzugeben, das ihnen zu Hause noch einmal in die Hände fällt und Anlass gibt, den Eltern begeistert vom Ensemble zu erzählen – etwa einen Luftballon, der für eine Atemübung benutzt wurde. Wer sich nun mit seinem Ensemble noch einmal durch einen Auftritt in Erinnerung ruft (z. B. bei einem Schulfest, einem Weihnachtsmarkt, mit einem Flashmob) und dabei Flyer verteilt, kann auf neuen Nachwuchs hoffen.

Konfliktprävention und -lösung 

Generell sollte über Konflikte gesprochen werden, anstatt zu schweigen bis es zu spät ist, um effektiv und schnellstmöglich eine Lösung zu finden. Wichtig ist, dass beiden Seiten zugehört, einander Verständnis entgegengebracht wird und auch die Perspektive des Kindes eingebunden wird. Um eine Eskalation zu vermeiden, ist es sinnvoll, das Streitgespräch von einer/einem Mediator*in führen zu lassen. Eine gewaltfreie und transparente Kommunikation ist hier der Schlüssel zum Erfolg.
Diese vier Punkte helfen außerdem, Konflikte vorzubeugen:

  1. Präventiv kommunizieren: das Konzept des Vereins oder Ensembles deutlich machen (z. B. auf der Homepage, beim Erstgespräch oder auf einem Elternabend) sowie Ansprechpartner*innen für bestimmte Themen kommunizieren 
  2. Einander Zuhören und auf sachlicher Ebene kommunizieren (bei Geschehnissen Termin vereinbaren, sodass diese mit Distanz und Ruhe aufgeklärt werden können) 
  3. Die Perspektive des/der anderen einnehmen, um seine/ihre Handlung besser zu verstehen 
  4. Deutlich machen, dass alle die bestmögliche Entwicklung für das Kind möchten 

Ein wichtiges Mittel, das nicht nur Vertrauen auf elterlicher Seite schafft, sondern auch für die Qualität des Ensembles steht, ist ein Schutzkonzept. In einem solchen Konzept erklärt das Ensemble neben seinem Leitbild und einem Verhaltenskodex unter anderem, wie es Gewalt- und grenzüberschreitende Situationen vorbeugt und wie es im Ernstfall mit solchen umgehen möchte. Auch sind hier verantwortliche Personen des Ensembles und professionelle Ansprechpartner*innen aufgelistet, welche von Betroffenen und Eltern zu Rate gezogen werden können. Weitere Infos dazu finden Sie unter: Kinder- und Jugendschutz.

Impulsfragen

Was wünschen sich die Eltern unserer Mitglieder?

Was wünschen sich und brauchen die Mitglieder bezüglich ihrer Eltern?

Was wünschen wir uns von den Eltern?

Welche Erwartungen an die Eltern könnten wir hinterfragen?

Welche Inhalte kommunizieren wir an die Eltern? Welches Wissen können wir dabei nicht voraussetzen?

Welche Informationen und welches Verständnis könnten Eltern neuer Mitglieder benötigen?

Wie kommunizieren wir mit den Eltern? Könnten wir uns hier praktischer organisieren?

Wie können sich Eltern aktuell einbringen und austauschen?

Welche Anlässe könnten wir schaffen, um Eltern teilhaben zu lassen und die Gemeinschaft zu stärken?

Was motiviert Eltern?

Wie können Aufgaben klarer kommuniziert und besser verteilt werden?

Wie können Eltern in die Nachwuchsgewinnung integriert werden? Was interessiert sie dabei?

Judith Werner, Pueri Cantores 
Mit freundlicher Unterstützung durch die Deutsche Bläserjugend 
Erstellt: September 2022
Zuletzt bearbeitet: Mai 2023



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