Virtuelle Mitgliederversammlungen durchführen

Rein rechtlich gibt es wenig Unterschiede zwischen einer herkömmlichen und einer virtuellen Mitgliederversammlung. Hier erfahren Sie, was für virtuelle Mitgliederversammlungen zu beachten ist und warum es sich für Sie evtl. dennoch lohnt, Ihre Satzung für die Zukunft entsprechend zu ändern.

Anfang 2023 hat der Gesetzgeber über die Schaffung eines neuen § 32 Abs. 2 BGB [1] dauerhaft die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Mitgliederversammlungen hybrid oder online abgehalten werden können, ohne dass hierfür eine Satzungsänderung erforderlich ist.

Inhalt

Formen der virtuellen Versammlung und Gleichbehandlung

Insgesamt lassen sich unterscheiden: Die digitale Unterstützung der Mitgliederversammlung (durch E-Mail oder audiovisuelle Übertragung), die digitale Teilhabe (Beauftragung eines Stimmvertreters per Internet, Fernabstimmung oder Online-Teilnahme einzelner oder mehrerer Mitglieder) sowie die komplette digitale Durchführung der Versammlung. [2]

Auch wenn der Verein als Juristische Person des Privatrechts nicht in gleicher Art und Weise an das Gleichbehandlungsgebot gebunden ist, wie es etwa bei einem Hoheitsträger der Fall wäre, dürfte es dennoch zu empfehlen sein, nach Möglichkeit bevorzugt auf das Konzept der digitalen Teilhabe an einer im Kern realen Mitgliederversammlung zu setzen. Auf diese Art ermöglichen Sie allen Ihren Mitgliedern, insbesondere auch solchen, die keinen Zugriff auf geeignete digitale Zugriffsmöglichkeiten haben, die Teilnahme. 

Praktische Hinweise

Einladung

Laden Sie die Mitglieder auf gewohntem Wege ein. Ermutigen Sie Ihre Mitglieder zur Teilnahme, indem Sie die einfachen technischen Voraussetzungen erklären und Unterstützung anbieten. Die Zugangsdaten zum virtuellen Konferenzraum können Sie auch erst kurz vor der Versammlung per E-Mail verschicken.

Für den eher unwahrscheinlichen Fall dass dem Vorstand bekannt sein sollte, dass die Mehrzahl der Mitglieder derzeit keinen Computer mit Internetzugang hat und sich auch nicht kurzfristig anschaffen wird bzw. keine andere Möglichkeit besteht, sich kurzfristig zum Internet Zugang zu verschaffen, kann sich allerdings eine aus dem Vereinsverhältnis entspringende Pflicht ergeben, die Mitgliederversammlung in anderer Form einzuberufen. Die Wahl eines elektronischen Modus kann in solchen Fällen verfahrensfehlerhaft sein und zur Unwirksamkeit eines Beschlusses führen. [3]

Plattform

Als Plattform können Sie z.B. nutzen:

  • Jitsi Meet
  • Zoom
  • Discord
  • Big Blue Button

Besonders häufig für Online-Konferenzen genutzt wird:

  • Zoom (kostenlos nur für 40-minütige Konferenzen, ohne Zeitlimit kostet es ca. 130 Euro pro Jahr). Zoom genügt nicht den europäischen Datenschutz-Vorgaben.

Wahlen

Offene Abstimmungen und Wahlen können Sie wie sonst auch per Handzeichen durchführen.

In vielen Verbänden ist bei Personalwahlen immer eine geheime Abstimmung erforderlich oder zumindest dann, wenn ein Mitglied der Versammlung dies verlangt. Über deutschsprachige Tools wie Digitalwahl.org (kostenlos für gemeinnützige Vereine, gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium), Onlinevoten.de , Pollunit.com oder Xoyondo.com können Sie geheime Abstimmungen leicht online durchführen.

Den Mitgliedern, die nicht online an der Wahl teilnehmen können oder wollen, sollten Sie die Gelegenheit zur Briefwahl geben. Alternativ können diese Mitglieder ihr Stimmrecht auf andere Mitglieder übertragen – sofern dies in der Satzung vorgesehen ist. Auch eine Wahl per E-Mail oder sogar per Telefon ist zulässig. [4]

Protokoll

Die Versammlung wird wie üblich von einer / einem Schriftführer*in protokolliert. Zur Protokollierung der Anwesenheit können Sie – wenn alle damit einverstanden sind – einen Screenshot machen (Tastenkombination Mac: shift+cmd+3; Microsoft: windows + Druck) oder die Teilnehmer*innenliste der Plattform nutzen. Dazu ist es wichtig, dass sich die Teilnehmer mit ihrem echten Namen (und nicht als MickeyMaus123) anmelden. Der Name kann noch während der Sitzung angepasst werden.

Allgemeine Empfehlungen

Die wesentliche Voraussetzung für alle Teilnehmer*innen und den Organisator*innen ist ein internetfähiges Endgerät, wie PC, Notebook, Tablet oder Smartphone sowie eine stabile Internetverbindung.

Erläutern Sie anfangs kurz die wesentlichen Funktionen des ausgewählten Videokonferenz-Tools (Kamera, Ton, Chat, Reaktionsmöglichkeiten). Zu Beginn bietet es sich an, alle um die Stummschaltung ihrer Mikrofone zu bitten und für Wortbeiträge die Handheben-Funktion zu nutzen. So werden Störgeräusche reduziert.

Achten Sie darauf, die Sitzung besonders deutlich zu strukturieren („Wir haben jetzt TOP 2 abgeschlossen, alle konnten dazu beitragen, vielen Dank. Dann kommen wir jetzt zu TOP 3, dabei geht es um …“). Machen Sie zu Beginn deutlich, dass jeder wie gewohnt per Handzeichen zu Wort kommen kann. Kündigen Sie ggf. eine Pause an, Online-Konferenzen kosten besondere Konzentration. Vielleicht möchten Sie in der Einladung anbieten, dass der Einlass 10 – 15 Minuten vor Beginn ist, sodass es genügend Zeit gibt, ein wenig miteinander zu plaudern und sich an die virtuelle Umgebung zu gewöhnen („Ist die Kamera an? Wie funktioniert das Mikro?“).

Falls Sie hitzige Debatten erwarten, sollten Sie dafür sorgen, dass Sie selbst die Mikrofone der Teilnehmer*innen an- und ausschalten. So können Sie die Ordnung aufrechterhalten.

Es ist empfehlenswert, einen Assistenten / eine Assistentin für die technische Begleitung der Versammlung auszuwählen. Die Technik ist zwar benutzerfreundlich, aber sie kostet besondere Konzentration, die man nicht hat, wenn man auch noch für die Sitzungsleitung und die inhaltlichen Aspekte zuständig ist. Der Assistent / die Assistentin hilft Ihnen auch dabei, den Überblick über die Rednerliste und ggf. das Geschehen im Chat zu behalten.

Für Ihre erste virtuelle Mitgliederversammlung können Sie einen Probedurchlauf machen, um sich mit der Technik vertraut zu machen.

Sammeln Sie zunächst Erfahrungen mit virtuellen Mitgliederversammlungen, bevor Sie sich ggf. zu einer Satzungsänderung entschließen.

Viel Erfolg!

Gesetzliche Neuregelung des § 32 Abs. 2 BGB zur virtuellen Mitgliederversammlung

Der Bundestag hat am 09.02.2023 ein „Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht“ verabschiedet. Damit gilt ab dem 21.03.2023:

Wortlaut des § 32 Abs. 2 BGB [5]

(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Das heißt:

  1. Es ist nach Entscheidung des Ladungsorgans (in der Regel des Vorstands) einerseits jederzeit möglich, statt einer Präsenzversammlung auch eine hybride Mitgliederversammlung abzuhalten, bei der Mitglieder elektronisch zugeschaltet werden, wobei es dem Mitglied selbst überlassen werden muss, „wie“ es letztendlich teilnehmen möchte.
  2. Und andererseits ist es künftig auch möglich, eine Mitgliederversammlung überhaupt rein virtuell abzuhalten, ohne dass hierfür eine entsprechende Regelung in der Vereinssatzung enthalten ist.

Allerdings bedarf es hierfür eines entsprechenden Beschlusses durch die Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit, welcher dann nur für zukünftige Versammlungen gilt. Die Entscheidung darüber, ob Mitgliederversammlungen zukünftig auch virtuell abgehalten werden sollen, ist also in jedem Fall in Präsenz abzuhalten. Da der Vorstand aber auch weiterhin die Entscheidung darüber behält, ob er – soweit durch Entscheidung der Mitgliederversammlung ein rein virtuelles Format dem Grunde nach gewollt ist – und in welcher konkreten Form er eine Versammlung einberuft, kann eine rein virtuelle Mitgliederversammlung dennoch nicht unmittelbar gegenüber dem Ladungsorgan erzwungen werden.

Sowohl bei virtueller als bei hybrider Mitgliederversammlung sind im Rahmen der technischen Umsetzung die Mitgliederrechte wie Stimmrecht, Rederecht und Antragsrecht generell und uneingeschränkt zu gewährleisten. Die Mitglieder sollen deshalb in die Lage versetzt werden, rechtzeitig vor der Versammlung zu klären, welche technischen Verfahren sie mit ihren Einrichtungen zu Hause bedienen müssen. Es ist daher gem. der Neuregelung schon bei der Einladung (in der Regel also durch den Vorstand) konkret anzugeben, wie die Mitglieder ihre Rechte via elektronischer Kommunikation ausüben können. Dabei soll der Ablauf so konkret wie möglich, zumindest aber annähernd beschrieben werden und das verwendete Kommunikationsformat bzw. die jeweilige Software (z.B. Zoom, Teams, etc.) konkret bezeichnet werden. Im Übrigen gelten hier insofern auch dieselben Grundsätze wie für eine nach wie vor mögliche Satzungsänderung (Genaueres hierzu im Anschluss). Auch ein individueller Anspruch der einzelnen Mitglieder auf eine rein virtuelle Teilnahme besteht zumindest laut gesetzlicher Regelung nicht. Ein solcher Anspruch könnte, soweit vorgesehen, allerdings aus einer entsprechend geänderten Vereinssatzung entstehen.

Zwar ist es von nun an generell (d.h. eben auch ohne eine satzungsmäßige Verankerung) möglich, eine rein virtuelle Mitgliederversammlung abzuhalten, allerdings kann eine gesonderte Satzungsregelegung nach wie vor für Ihren Verein sinnvoll sein, um eine einheitliche, transparente und verbindliche Handhabe für die Zukunft zu gewährleisten. Werden in der Vereinssatzung nämlich konkretere Regelungen zur virtuellen Mitgliederversammlung getroffen, als sie in § 32 Abs. 2 BGB vorgesehen sind, gelten eben gerade diese. Da die gesetzliche Regelung die technische Umsetzung einer digitalen Mitgliederversammlung bewusst offenlässt, können mittels einer Satzungsänderung beispielswese auch im Bezug auf den zeitlichen Ablauf Mischformen zwischen einer synchronen Teilnahme und einer daran anschließenden (damit also asynchronen) schriftlichen Abstimmung ermöglicht werden. Trifft die Satzung allerdings keine Regelung zu einer Möglichkeit der Trennung von Sitzung und Abstimmung, müssen die Abstimmungen immer im zeitlichen Rahmen der Versammlung selbst stattfinden.

Musterformulierungen zur Satzungsänderung

Unabhängig von der Neuregelung des § 32 Abs. 2 BGB hatte das Oberlandesgericht in Hamm schon in seinem Beschluss vom 04.08.2022 [6] als erstes Gericht auf höherer Rechtsprechungsebene konkrete Anforderungen an die Ausgestaltung von Vereinssatzungen mit Blick auf eine virtuelle Mitgliederversammlung festgelegt.

Es müssen demnach in der Satzung zwar nicht alle Einzelheiten einer virtuellen Durchführung geregelt werden (dies ist auch im zwischenzeitlich neugeschaffenen § 32 Abs. 2 BGB zur virtuellen Mitgliederversammlung nicht gefordert), jedenfalls muss aber „der grundsätzliche Durchführungsweg einer virtuellen Mitgliederversammlung“ auch hier unbedingt erkennbar sein.

Dasselbe gilt im Wesentlichen auch für hybride Versammlungsformate, bei denen Mitgliedern die Wahl eingeräumt wird, ob sie real oder virtuell an der Versammlung teilnehmen möchten (s.o.). Für diesen Fall muss die Satzung allerdings sicherstellen, dass sowohl virtuell als auch real anwesende Teilnehmer in gleicher Art und Weise ihre Mitgliedsrechte (Stimmrecht, Rederechte, etc.) ausüben können. [7]

Ist eine vergleichbare Teilnahme auf Grund der technisch vorgesehenen Verfahrensweise (z.B. „nur“ Streaming der Sitzung) nicht gewollt oder auch nicht möglich, so wissen die Mitglieder auf Grund der insoweit nunmehr konkreteren Satzungsformulierung in Zukunft über den Ablauf schon im Vorfeld Bescheid, und können nun eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob sie zur Wahrung ihrer Abstimmungs- und Rederechte etwa doch lieber vor Ort teilnehmen möchten.

Folgende Formulierungen könnten Sie unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsprechung des OLG Hamm (wie gesehen auch nach der zwischenzeitlichen Aufnahme der virtuellen Mitgliederversammlung in den § 32 Abs. 2 BGB) daher zur Vereinheitlichung einer virtuellen Mitgliederversammlung dauerhaft in Ihre Vereinssatzung aufnehmen: 

Erläuterungen

Diese Formulierung oder Teile davon können Sie in Ihre Satzung einfügen. Es handelt sich um rechtlich vertretbare Vorschläge (möglichst unter Berücksichtigung der Rechtsprechung – s.o.), von denen Sie aber abweichen können. So zeigen die kursiv gesetzten Möglichkeiten Beispiele auf, für die Sie Alternativen nach Ihren Bedürfnissen einsetzen können. Grundsätzlich empfiehlt es sich, die Regelung möglichst kurz zu halten. So ist sie weniger streitanfällig und bietet genügend Flexibilität.

Bitte beachten Sie die Regeln Ihrer Satzung zur Satzungsänderung (Zwei-Drittel-Mehrheit oder Antragsfrist).

Denken Sie bitte auch daran, die Satzungsänderung beim Vereinsregister am Amtsgericht anzumelden. Die Änderung gilt erst dann, wenn sie im Vereinsregister eingetragen wurde.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel ist mit Sorgfalt recherchiert, sowie durch Quellennachweise belegt, und soll Ihnen als Orientierungshilfe dienen, indem er Sie bei der Entlastung ihres Ehrenamtes mit grundlegenden rechtlichen Anhaltspunkten unterstützt. Es wird dabei jegliche Form der Haftung bzgl. angesprochener Inhalte ausgeschlossen.

Dr. Kiyomi v. Frankenberg
BDLO – Bundesverband Amateurmusik Sinfonie- und Kammerorchester e.V. 

Lukas Amberger
Bundesmusikverband Chor & Orchester

Erstellt: Februar 2022
Zuletzt bearbeitet: Mai 2023



Fußnoten

[1] Nachzulesen: www.gesetze-im-internet.de/bgb/__32.html

[2] Vgl. BeckOK BGB/Schöpflin, 63. Ed. 1.8.2022, § 32 BGB Rn. 47.

[3] Vgl. Dr. Wolfgang Fleck – Die virtuelle Mitgliederversammlung im eingetragenen Verein, DNotZ 2008, 245 (251).

[4] Vgl. Dr. Wolfgang Fleck – Die virtuelle Mitgliederversammlung im eingetragenen Verein, DNotZ 2008, 245 (256 ff.).

[5] Vgl. dazu in Begründung und Umfang im Detail Bundestagsdrucksache 20/8858.

[6] Die Entscheidung des OLG Hamm finden Sie unter dem Az. 27 W 58/22, Abruf Nr. 231940.

[7] Dr. Tilmann Gäde, Die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten in Mitgliederversammlungen im Wege elektronischer Kommunikation (…) in: GWR 2022, 361; OLG Hamm in: BeckRS 2022, 27285.