Zuhause üben in Einklang mit der Nachbarschaft

“Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.” Hier finden Sie Informationen, die Sie mit ruhigem Gewissen üben lassen und mit denen Sie Nachbarschaftskonflikten vorbeugen können.

Wie viel darf ich zu Hause üben? Das Wichtigste in Kürze: Selbstverständlich dürfen Sie zu Hause Musik machen. Sie müssen dabei aber auch ein wenig Rücksicht auf die Nachbar*innen nehmen, die genauso selbstverständlich zu Hause in ungestörter Ruhe arbeiten oder entspannen dürfen. Wie viel Sie üben dürfen, ist also eine Frage des Interessensausgleichs. Dafür gibt es nur ungefähre Anhaltspunkte. 

Denn auch wenn die Gerichte eher zugunsten des Musikmachens als zugunsten der lärmgeplagten Nachbar*innen entscheiden: Auf einen Rechtsstreit sollte man es trotzdem nicht ankommen lassen.

Inhalt

Kriterien für die Übe-Dauer

Es ist erlaubt, zu Hause zu üben. Das Musizieren ist in gewissen Grenzen gerade deshalb hinzunehmen, weil es „von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein kann“ und wie viele andere Freizeitbeschäftigungen zur grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit gehört.[1]

Es gibt keine festen Regeln dafür, wie lange genau man üben darf. Als groben Richtwert sehen viele Gerichtsentscheidungen diese Übe-Dauer als zulässig an: zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei Stunden sonn- und feiertags, jeweils unter Berücksichtigung der Ruhezeiten.

Wie lange man im Einzelfall üben darf, hängt davon ab, wie laut das Instrument bzw. die Stimme ist, wie die baulichen Verhältnisse im Haus sind und welche Nachbar*innen man hat. Denn unter Nachbar*innen gilt das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.

Besonders durchdringende Instrumente sind z.B. Akkordeon, Klarinette, Saxophon, Schlagzeug oder Trompete, letztere erreicht etwa 110 Dezibel. Aber auch Streichinstrumente erreichen im Durchschnitt 80 Dezibel. Ein Rasenmäher kommt auf 90 Dezibel. Wer im hellhörigen Altbau übt, muss sich mehr einschränken als jemand, der über eine schallisolierte Übezelle verfügt. 

Angesichts der vielfältigen Nachbarschaftskonstellationen lässt sich nur wenig Allgemeines zum Ausmaß der gegenseitigen Rücksichtnahme sagen. Rentner*innen dürfen mehr Ruhe verlangen als junge Familien. Schichtarbeit ist grundsätzlich kein Hindernis für das Üben; wer übt, muss sich nur an die allgemeinen Ruhezeiten halten und nicht an die individuellen Schichtpläne des/der Nachbar*in. Trotzdem wäre es z.B. gegenüber einer Krankenschwester nicht freundlich, wenn sie stets am späten Abend unfreiwillig beschallt wird.

Außerdem kann die Hausordnung oder der Mietvertrag besondere Vorgaben machen. Hausordnungen, die Musik nur in Zimmerlautstärke (40 Dezibel, nachts 30 Dezibel, entspricht leisem Gespräch) zulassen, bedeuten faktisch ein Übe-Verbot, können aber leider rechtlich zulässig sein.[2]

Die Rechtsprechung macht übrigens keinen Unterschied zwischen Amateur- und Berufsmusiker*innen. Wer z.B. mit einem/r Orchestermusiker*in zusammenwohnt, hat also keine Vorteile bei der Übe-Zeit.

Welche Ruhezeiten gibt es?

Die Mittagsruhe von 13–15 Uhr ist nicht gesetzlich geregelt, ergibt sich aber aus dem Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme.

Die Nachtruhe gilt meistens von 22–6 Uhr. In einzelnen Städten und Gemeinden können andere Zeiten gelten. Auch einzelne Hausordnungen können von diesen Zeiten abweichen. 

Welche Urteile gibt es zur Hausmusik?

Hausmusik beschäftigt die Gerichte immer wieder. Die Beschallung mit lang anhaltendem „Lärm“ kann eine Beeinträchtigung des Eigentums sein, gegen die Nachbar*innen einen Unterlassungsanspruch haben. Angesichts der vielfältigen Konstellationen fallen die Urteile individuell aus. Klar ist, dass das Üben zu Hause unter keinen Umständen völlig verboten werden darf.[3] Oft erlauben die Gerichte eine tägliche Übe-Zeit von zwei bis drei Stunden am Stück.[4] In Einzelfällen kann es auch mehr sein. So wurde es der Familie eines Berufsmusikers gestattet, täglich acht Stunden zu üben, nur nicht gleichzeitig auf verschiedenen Instrumenten in verschiedenen Räumen.[5]

Und was ist mit Kirchenmusik?

Nachbar*innen müssen auch ertragen, wenn jemand in einer Kirche Orgel übt.[6] Dafür gelten dieselben Richtwerte wie für das Üben anderer Instrumente zu Hause.

Dr. Kiyomi v. Frankenberg
BDLO – Bundesverband Amateurmusik Sinfonie- und Kammerorchester e.V.
Erstellt: Juli 2021
Zuletzt überprüft: April 2023



Fußnoten

[1] Bundesgerichtshof vom 26.10.2018, Aktenzeichen V ZR 143/17.

[2] Amtsgericht Hannover vom 08.09.2008, Aktenzeichen 485 C 5980/08.

[3] Oberlandesgericht Hamm vom 10.11.1980, 15 W 122/80.

[4] Bundesgerichtshof vom 26.10.2018, Aktenzeichen V ZR 143/17; Oberlandesgericht Hamm vom 10.11.1980, 15 W 122/80; Langericht Frankfurt, Urteil vom 12. 10. 1989, 2/25 O 359/89.

[5] Landgericht Flensburg vom 18.12.1992, 7 S 167/92.

[6] Oberlandesgericht Celle vom 29.06.2011, 4 U 199/09.