Bei der Erarbeitung von Rollen geht es um psychologische und körperliche Aspekte einer Figur. Dafür werden zunächst die Informationen über die Figur aus dem Text und der Musik gesammelt, Hintergründe, Biografisches, Handlungen. Davon werden Motivationen und Beziehungen abgeleitet und Lücken mit eigenen Interpretationen der Figur gefüllt.
Diese Erarbeitung kann über Schlüsselsätze und -momente im Text erfolgen und darüber hinaus mit Interviewfragen angeregt werden. Wie alt bist du? Was kannst du überhaupt nicht leiden? Hier können mehrere Personen als dieselbe Figur antworten oder mehrere Figuren auf die gleiche Frage. Genauso können auch Schlüsselsätze einer Figur von allen nacheinander gesprochen werden – wie unterschiedlich kann der Satz klingen?
Die psychologischen Aspekte definieren nun auch die Körpersprache: Haltungen, Bewegungen, Sprachstil, Stimme etc. Hier kann viel ausprobiert werden: Vorbilder aus dem Alltag imitieren, bestimmte Emotionen und Wirkungen überzeichnen, alltägliche Bewegungsabläufe wie Gehen immer wieder neu gestalten u.v.m. Welche Bewegungen macht die Figur regelmäßig? Raucht sie, hat sie nervöse Zuckungen, körperliche Beschwerden? Ist sie ein Tier? Gibt sie sich besonders cool? Was macht mein Körper im realen Leben, wenn ich diese Emotion habe? Hier können auch bestimmte Requisiten und Kostüme zu Hilfe genommen werden: Wie geht die Figur mit dem Messer um? Wie ändert sich die Haltung mit Mantel und Krone?
Interaktionen sind besonders hilfreich, um die Beziehungen der Figuren zueinander zu erforschen und die Körpersprache in vielen Facetten zu erproben. Um gewissen Beziehungskonstellationen zu verdeutlichen, können hier auch Bilder gestellt werden: Jede*r nimmt eine Rolle ein und visualisiert die Beziehungen zu den anderen klar in einer Körperhaltung.
Dieses Bilderstellen kann auch mit einzelnen Szenen stattfinden. Dort können Beziehungskonstellationen, aber auch Handlungen oder die Essenz der Szene dargestellt werden. Sie können auch anschließend verändert oder ergänzt werden. Um in Szenen die Motivationen der Figuren besser zu verstehen, können diese auch im Subtext gespielt werden: Niemand spricht den richtigen Text, sondern alle das, was ihre Figur damit sagen möchte. Eine Szene zu erkunden ist auch möglich in Nonsens-Sprache, so tritt die nonverbale Kommunikation in den Vordergrund.
Besonders bei monologischen Arien oder Songs hilft es, die Szene nach den musikalischen Impulsen zu gestalten: Aufbau, Affekte und Wechsel werden auch körperlich interpretiert, musikalische Effekte wie Rubati oder Glissandi können durch bestimmte Handlungen oder Bewegungen hervorgehoben werden.
IMPULSFRAGEN
- Was sagen der Text und die Musik über die Figur?
- Welche Motivationen und Beziehungen hat die Figur?
- Wie könnten die biografischen und psychologischen Lücken gefüllt werden?
- Welche Körpersprache und welchen Sprechstil hat die Figur?
- Welche Personen aus dem Alltag könnten dafür imitiert oder überzeichnet werden?
- Wie geht die Figur mit Requisiten und Kostümen um?
- Wie interagieren die Figuren? Mit welchen Motiven, Reaktionen und Körpersprachen?
- Wie sieht ein Bild der Figurenbeziehungen aus?
- Was ist der Kern der Szene?
- Wie sieht ein Bild der Szene aus?
- Welchen Subtext sprechen die Figuren? Welche nonverbale Sprache?
- Welche musikalische Gliederung, Impulse und Effekte hat die Szene?