Notenmaterial – was bei der Anschaffung wichtig ist

Dieser Beitrag beantwortet die wichtigsten Fragen, die bei der Auswahl und Anschaffung von Notenmaterial entstehen, und weist zudem auf urheberrechtliche Rahmenbedingungen bei der Nutzung hin.

Wer vor der Entscheidung steht, Notenmaterial anzuschaffen, muss häufig viele Fragen beantworten. In der Praxis gestaltet sich der Erwerb oft komplizierter, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Dabei ist die Vielzahl der Anbieter auf dem Musikalienmarkt nur eine Herausforderung. Unterschiedliche Bezugsmöglichkeiten sowie die konkrete Abwicklung eines Kaufs stellen für Nutzer gelegentlich Hürden dar.

Inhalt

Vorbemerkungen

Die Aufführung von Musikstücken setzt die Verfügbarkeit von geeignetem Notenmaterial voraus. Je besser die inhaltliche, editorische und drucktechnische Qualität der Notenausgaben ist, desto effizienter gestalten sich Proben und Aufführungen. Für die Praxis haben solche Unterschiede also eine große Bedeutung. Zu beachten sind jedoch auch Kriterien anderer Art. Bei der Nutzung werden verschiedene Urheberrechte berührt. Solche von Textdichter*innen, Komponist*innen, Arrangeur*innen, Editor*innen oder Verlagen sind offensichtlich, es gibt jedoch auch Sonderfälle, bei denen etwa Nachlassverwalter*innen oder Erben spezielle Auflagen verfügt haben. Dagegen ist die Aufführung von Bühnenwerken (das sogenannte „Große Recht“) ohnehin nur mit Zustimmung des jeweiligen Verlages möglich. Bedingungen für die Nutzung von Notenmaterial bei Aufführungen im öffentlichen Raum oder bei der Produktion von Tonträgern sind klar geregelt. Zudem kann es aufgrund von Rahmen- oder Pauschalverträgen zwischen Dachverbänden/Kirchen und Urheberrechtsgesellschaften zu unterschiedlichen Regelungen kommen. Die Verantwortlichen eines Ensembles stehen daher häufig vor schwierigen Fragen, wenn es um Recherchen zur Verfügbarkeit von gedruckten Musikwerken, um Aktivitäten zur Beschaffung von Leih- oder Kaufmaterial oder um Entscheidungen zur Verwendung konkreter Notenausgaben geht.

Große Vielfalt an Verlagsausgaben

In der Regel sind Verlage erfahrene Anbieter und qualifizierte Ansprechpartner, wenn es um die Beschaffung von Notenmaterial geht. Schließlich baut ihr Geschäftsmodell auf der Zufriedenheit von sowohl Autor*innen als auch Kund*innen auf. Ein unglaublich reichhaltiges Angebot an musikalischen Werken ist direkt bei den in- und ausländischen Verlagen, bei Buch- oder speziell bei Musikalienhandlungen sowie im Internet zu erhalten. Zu den Serviceleistungen gehören heute häufig die Zurverfügungstellung von Probepartituren oder Ansichtsexemplaren, der Verweis auf Hörbeispiele oder Interpretationsmuster, oft sogar eine unverbindliche Bestellung sowie Beratung und Empfehlungen für konkrete Notenausgaben. Für den Kaufpreis erhalten die Kund*innen meist professionell edierte Notenausgaben, die hinsichtlich Druckbild und Verlässlichkeit des Notentextes gute Voraussetzungen für eine effiziente Proben- und Konzerttätigkeit bilden und deren einzelne Bestandteile – Einzelstimmen, Chorstimmen, Klavierauszüge, Orchesterstimmen, Partitur – auch tatsächlich zusammenpassen und nicht etwa bei Taktzahlen, Satz- oder Tempoangaben, Vortragsbezeichnungen oder Textversionen differieren. Für die konkrete Identifizierung von Titeln ist das System der ISBN (englisch: International Standard Book Number) oder ISMN (englisch: International Standard Music Number) auch in der Bundesrepublik Deutschland etabliert. Wer genau weiß, was gesucht wird, wird mit Hilfe dieser Nummern eindeutige Treffer landen.

Augen auf beim Notenkauf

Welche Ausgabe soll ich kaufen?

Etablierte Werke sind oftmals bei mehreren Verlagen erhältlich. Es lohnt die Mühe, diese Ausgaben zu vergleichen. Unterschiede bestehen meist in Bezug auf den wissenschaftlich-kritischen Gehalt, die grafische Realisierung sowie den Materialanspruch. Wird berücksichtigt, dass eine Anschaffung von Notenmaterial immer eine Investition für einen längeren Zeitraum bedeutet, dann ist der Kaufpreis nur ein Kriterium bei der Anschaffung. Er sollte daher nicht alleine den Ausschlag geben.

Wo soll ich kaufen?

Die Internetshops der etablierten Verlage ermöglichen bequeme Bestellvorgänge. Produktbeschreibungen zu den Werken, ihren Urheber*innen, zu Interpretationen oder zur Stilistik sowie Einschätzungen zum Schwierigkeitsgrad sind häufig integraler Bestandteil des Angebots. Dies gilt nicht immer für Internethändler, die sich lediglich auf den Verkauf von Noten konzentrieren. In beiden Fällen ist auf die Berechnung von Versandkosten zu achten. Aufgrund der Buchpreisbindung in Deutschland und Österreich ist mit Rabatten kaum zu rechnen. Allerdings gewähren Verlage häufig Staffelpreise, etwa bei der Anschaffung von Chornoten. Bei Nichtgefallen gilt das gesetzliche Widerrufsrecht für den Kauf. Die Ware kann innerhalb einer bestimmten Frist zurückgeschickt werden. Die Versandkosten trägt jedoch in der Regel der/die Kund*in. Wer bei einer regionalen Musikalien- oder Buchhandlung bestellt, wird mit Versandkosten eher nicht konfrontiert werden. Zudem ist die Beratungsleistung individueller und wird kostenfrei erbracht. Regional zu bestellen, kann sich für Käufer*innen besonders auch bei komplizierten Bestellungen aus dem Ausland als nützlich erweisen, wenn etwa Währungsschwankungen oder Lieferfehler für Ärger sorgen. Außerdem wird mit jeder Bestellung nicht nur die Vielfalt des örtlichen Einzelhandels gestärkt, sondern auch der Ort selbst unterstützt. Für den Verkauf räumt der Verlag der/die Händler*in in der Regel einen Rabatt ein, der jedoch nicht an die Kundschaft weitergegeben werden darf.  

Leih- oder Kaufmaterial

Nicht grundsätzlich sind Noten als Kaufmaterial verfügbar. Immer häufiger bieten Verlage vor allem bei chorsinfonischen Werken lediglich Chorstimmen, Klavierauszüge und Partituren als Kaufmaterial an, während die Orchesterstimmen lediglich zur Leihe erhältlich sind und ganz konkret für einzelne Aufführungen gemietet werden müssen. So erhält sich der Verlag das Privileg seiner Zustimmung zu jeder Aufführung. Die Aufnahme solcher Werke ins Repertoire eines Ensembles führt damit automatisch zu einer Abhängigkeit gegenüber dem anbietenden Verlag und zu Kosten für jede weitere Aufführung.

Mindestabnahmemenge und Sets

Um dem Kopieren von Verlagserzeugnissen vorzubeugen, bestehen Verlage von Chormusik mitunter auf die Abnahme einer Mindestanzahl von Exemplaren. Dies ist insbesondere bei Chorstimmen oder Chorpartituren gängige Praxis. Bei Orchesterliteratur kann es vorkommen, dass Verlage lediglich komplette Sets – etwa den gesamten Harmoniesatz – verkaufen, nicht jedoch einzelne Stimmen. Geht eine Stimme verloren, ist die Ersatzbeschaffung teuer.

Vorsicht bei Bestellungen im Ausland

Wareneinkäufe unterliegen der Steuergesetzgebung. Für Noten gilt in der Bundesrepublik Deutschland ein ermäßigter Steuersatz von aktuell 7%. Während Bestellungen im europäischen Ausland in der Regel unproblematisch verlaufen, kann es bei außereuropäischen Bestellungen u.a. zu Konflikten mit Produktzöllen bei der Einfuhr kommen. Solche Risiken lassen sich durch Bestellung beim Fachhändler vermeiden. Jedoch auch unterschiedliche Regelungen im Urheberrecht können sich als problematisch herausstellen, wenn beispielsweise ein Werk, das in den USA käuflich zu erwerben ist, nicht für Aufführungen in Deutschland verwendet werden darf, weil hier ein anderer Verlag mit seiner Ausgabe über die entsprechende Lizenz verfügt.

Elektronische Notenausgaben

Auf einer Vielzahl von elektronischen Endgeräten lassen sich Grafikdateien in bester Qualität nicht nur anzeigen, sondern auch speichern, verwalten und suchen. Nichts anderes ist bei der Nutzung von elektronischen Notenausgaben erforderlich. Für Ensembles, die sich einmal für die Nutzung dieses Mediums entschieden haben, kann das also erhebliche Vorteile bringen. Auf der anderen Seite entsteht den Nutzer*innen jedoch neben den erheblichen Anschaffungskosten für die Geräte selbst weiterer Aufwand für Strom, Halterungen oder Pedale zum Seitenwenden. Außerdem sind die permanente Lichtstrahlung sowie auch der Wertverfall der Geräte zu berücksichtigen, während die Kosten für die Anschaffung der Noten nicht wesentlich günstiger als die der gedruckten Version ausfallen.

Verschiedene Ausgaben vermeiden

Der Albtraum einer künstlerischen Leitung ist die Verwendung verschiedener Notenausgaben im Ensemble. Wenn die Ansage „Beginnen wir bitte noch einmal bei Takt 69 mit Auftakt“ zu einem Klangchaos führt, weil Solisten, Chor und Orchester an einer völlig anderen Stelle einsetzen oder verschiedene Textversionen parallel erklingen, dann wird sich in diesem Moment eine Unterbrechung der Probe nicht vermeiden lassen. Die Einheitlichkeit des Materials ist unbedingt vor der Probe sicherzustellen.

Noten bezeichnen und identifizieren

Zumeist aus praktischen Gründen werden Chorausgaben und Orchesterstimmen an Personen ausgehändigt, die an einer Aufführung temporär beteiligt sind. Es empfiehlt sich, die Notenausgaben zu bezeichnen (sie für das Spiel einzurichten), sie außerdem zu kennzeichnen und eine Signatur zu vergeben, wenigstens jedoch den/die Besitzer*in eindeutig zu vermerken. Dies ist eine Grundvoraussetzung, damit verliehene Noten wieder dorthin gelangen, wo sie hingehören.

Antiquarische Notenausgaben

Das Studium diverser Notenausgaben inklusive Autographe (Ausgaben mit der individuellen Notenhandschrift) ist für Dirigent*innen ausdrücklich zu empfehlen. Aus den Ausgaben lassen sich wichtige Erkenntnisse für die Interpretation der Musik gewinnen. Allerdings muss von der Verwendung antiquarischer Notenausgaben durch ein Ensemble abgeraten werden. Alterungsprozesse führen bei Noten häufig zu schlechterer Lesbarkeit, unangenehmer Haptik, geruchlicher Belästigung und schlichtweg zu Zerstörung durch manuelle Einwirkungen. Zu beachten ist jedoch auch, dass jüngere Ausgaben meist einen aktuellen musikwissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergeben.

Was ist noch zu beachten?

Noten bestehen aus Papier und sind insofern nicht für die Ewigkeit gemacht. Sie sind insbesondere anfällig für manuelle Beschädigungen. Eintragungen sollten grundsätzlich nur mit weichem Bleistift vorgenommen werden. Noten sollten nach Möglichkeit trocken, dunkel, kühl und frostfrei gelagert werden. Feuchte Keller etwa führen sehr schnell zu Beschädigungen wie Rost an Klammern oder Verformung des Papiers. Behältnisse aus säurefreiem Papier sind zu empfehlen. Besonders praktisch sind Archivkartonagen, die sich durch verschiedene Falze an die Größe des zu verstauenden Notenstapels anpassen lassen.

Ralf Schöne
Verband Deutscher KonzertChöre e.V. (VDKC)
Erstellt: Februar 2021
Zuletzt bearbeitet: Mai 2023