Persönliche Haftungsfragen für ehrenamtliche Vereinsvorstände

Haftet ein ehrenamtlicher Vereinsvorstand auch persönlich?Schäden entstehen auch im Vereinsleben sehr schnell und noch schneller stellt sich dann die unangenehme Frage, wer für den entstandenen Schaden eigentlich aufkommt?

Da Vereine als juristische Personen des Privatrechts nicht ganz so ohne Weiteres wie natürliche Personen am Rechtsverkehr teilnehmen können, müssen Sie sich über ihre Organe und sonst gewählten Vertreter nach außen hin vertreten lassen, um handlungsfähig zu sein. Per Gesetz vertritt dabei der Vorstand den Verein grundsätzlich gerichtlich und außergerichtlich nach außen (§ 26 I 2 BGB). Dabei kann es allerdings vorkommen, dass es zu einer Schädigung des Vereins selbst oder zur Schädigung Außenstehender (Dritter) durch ein oder mehrere Vorstandsmitglieder kommt.

Inhalt

Haftung des Vorstands gegenüber dem Verein oder seinen Mitgliedern

Der Vorstand eines Vereins befindet sich dem Verein gegenüber in einem besonderen organschaftlichen Rechtsverhältnis. Das bedeutet, dass er gegenüber dem Verein auch für Schäden, die durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vorstands entsteht, grundsätzlich haftet[1].

Vertragliche Haftung

Mögliche Kategorien von Pflichtverletzungen des Vorstands gegenüber dem Verein, die zu einem Schadensersatzanspruch führen, könnten z.B. sein:

  • Eine unachtsame Geschäftsführung bei der vermeidbare Schäden für den Verein entstehen (Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung: z.B. mangelnde Erfüllung von Vertragspflichten des Vereins auch gegenüber Dritten)
  • Eine Missachtung der Mitgliederversammlung und ihrer Anweisungen
  • Verstöße gegen geltende Gesetze oder staatlichen Anordnungen (z.B. Steuerpflichten)
  • Verstöße gegen die Vereinssatzung oder sonstige verbindlichen Regelungen des Vereins

Haftungserleichterung bei Innenhaftung

Mit Innenhaftung ist die Haftung des Vorstandes gegenüber dem Verein im „Innenverhältnis“ gemeint. Für ehrenamtliche Vereinsvorstände im Sinne des § 27 Abs. 3 S. 2 BGB gilt eine Haftungserleichterung zumindest für Fälle von einfacher Fahrlässigkeit (§ 31a I BGB). Dafür darf die jährliche Aufwandsentschädigung des ehrenamtlichen Vorstands allerdings 840,- Euro nicht überschreiten, da sonst nicht mehr von der Haftungserleichterung profitiert werden kann. Von einfacher Fahrlässigkeit ist auszugehen, wenn zumindest die bei der Geschäftsführung allgemein bzw. im Einzelfall erforderliche Sorgfalt durch den Vorstand außer Acht gelassen wurde[2].  Ausgeschlossen ist darüber hinaus auch die Haftung des Vorstands auch gegenüber einem Vereinsmitglied, wenn das Mitglied „nur“ einfach fahrlässig[3] geschädigt wird (§ 31a I 2 BGB).

Haftung gegenüber Außenstehenden (Dritten)

Aber auch Dritten gegenüber haftet der Vorstand grundsätzlich persönlich, soweit durch ihn ein externer Schaden entsteht. Ein Vorstand muss dabei nach außen auch für die Fehler anderer Vorstandsmitglieder miteinstehen. Allerdings haftet gem. § 31 BGB stets auch der Verein selbst für diejenigen Schäden mit, die durch seine Organe (also die Mitglieder des Vorstands) verursacht werden. Der geschädigte Dritte kann sich dann aussuchen, wem gegenüber er vorzugsweise Ersatz für seinen entstandenen Schaden geltend machen möchte. Er kann den Schaden aber selbstverständlich insgesamt nur einmal wahlweise gegenüber Verein oder Vorstand geltend machen.[4]

Haftung allgemein (Deliktshaftung)

Passiert beispielsweise bei einem Konzert oder einer Probe ein Unfall und ist dieser auf eine missachtete Verkehrssicherungspflicht des Vorstandes zurückzuführen (z.B. mangels Organisation einer ausreichenden Beleuchtung, einer sicheren Bühnenkonstruktion, Überbelegung von Räumlichkeiten, etc.), kann dieser auch persönlich dafür verantwortlich gemacht werden. Aber auch sonstige Vertragsverletzungen und andere unerlaubte Handlungen durch den Vorstand können jederzeit zu einer persönlichen Haftung gegenüber Dritten führen.

Insolvenzhaftung

Zu beachten ist insbesondere auch die Verpflichtung des Vorstandes, im Fall der Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig (d.h. innerhalb von 3 Wochen) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Anderenfalls haften die Vorstandsmitglieder gem. § 42 II S. 2 BGB den Gläubigern des Vereins gegenüber ebenfalls gemeinsam für den durch die Verzögerung entstandenen Schaden.

Steuerliche Haftung

Aber auch ein Verstoß gegen die Einhaltung steuerlicher Pflichten des Vereins (wie z.B. steuerliche Auskünfte[5], Buchführungspflichten[6], Steuererklärungen[7] oder Steuerzahlungen) kann jedenfalls bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem[8] Verhalten des Vorstands zu einer persönlichen Haftung führen.

Haftung für Rechtsgeschäfte

Auch eine Haftung bei individueller Überschreitung der Vertretungsmacht (z.B. weil die Satzung nur eine gemeinschaftliche Vertretung durch alle Vorstände vorsieht) kann, soweit das Geschäft nicht nachträglich genehmigt wird, zu einer persönlichen Haftung des handelnden Vorstands führen[9].  Der Verein ist in diesem Fall nicht an den geschlossenen Vertrag gebunden, kann ihn aber nachträglich genehmigen, wenn er Interesse an dem Vertrag hat. Bleibt die Genehmigung aus, kann der Vertragspartner den Vorstand dann wiederum wahlweise entweder auf Erfüllung des Vertrags in Anspruch nehmen oder vom Vorstand Ersatz für durch sein Verhalten entstandene Schäden verlangen.

Haftungserleichterung bei Außenhaftung

Bei der Außenhaftung (die Haftung des Vorstands gegenüber Dritten im „Außenverhältnis“) können allerdings ehrenamtliche Vorstände vom Verein die Befreiung von einer ihnen auferlegten Zahlungsverpflichtung verlangen und sich auf diese Art trotz ihrer persönlichen Haftung ggf. selbst beim Verein wieder schadlos halten (§ 31a II 1, 2 BGB): wenn nämlich der Schaden eines Dritten während der Wahrnehmung ihrer Vereinspflichten verursacht wurde und soweit er nicht zugleich auf einem grob fahrlässigen oder sogar vorsätzlichen (also wissentlichen oder absichtlichen) eigenem Verhalten beruht. Am Ende haftet über Umwege dann also doch ausschließlich der Verein.

„Grob“ fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in derart schwerem Maß außer Acht lässt, dass es in einem solchen Fall wirklich jedem hätte einleuchten müssen (z.B. Steckenlassen des Zündschlüssels bei Abstellen des Vereinsautos). Allerdings kann insgesamt vom Vorstand eines großen Vereins (evtl. sogar mit wirtschaftlicher Betätigung) gerade bei komplexeren Angelegenheiten ein deutlich höheres Maß an Sorgfalt erwartet werden, als vom Vorstand eines kleinen Vereines.

Spendenhaftung

Auch bei der Bestätigung von Spenden (Zuwendungsbestätigungen) oder Fehlverwendung von Spendengeldern kann es sein, dass ein Vorstandsmitglied als Aussteller oder Veranlasser im Sinne des § 10b Abs. 2 S. 2 AO persönlich mit einer Höhe von 30 % des Spendenbetrags haftet. Erforderlich ist aber auch hierfür ein vorsätzliches oder zumindest grob fahrlässiges Handeln des Vorstands. Anderenfalls würde hier auch wieder die Haftungserleichterung gegenüber dem Verein greifen (s.o.).

Haftungserleichterung durch Satzung

Da die gesetzlichen Vorschriften nur Mindestanforderungen an den Schutz der Vorstandsmitglieder darstellen (vgl. § 40 BGB), kann durch die Vereinssatzung auch bestimmt werden, dass die Haftung des Vorstands gegenüber dem Verein und den Mitgliedern noch weitergehend (z.B. auch für grobe Fahrlässigkeit) beschränkt wird.[11]

Aber auch durch gut durchdachte Ressortverteilungen, die Übertragung von Aufgaben auf besondere Vertreter oder den Abschluss von einschlägigen Versicherungen können Haftungsrisiken für Vereinsvorstände deutlich verringert werden.

Gegenüber Außenstehenden kann die Haftung des Vorstands jedoch auch durch Satzung nicht weiter beschränkt werden. Eine solche Regelung wäre unzulässig.

Fazit

Auch der ehrenamtliche Vorstand eines Vereins haftet also grundsätzlich persönlich gegenüber dem Verein und gegenüber Dritten.

Die gute Nachricht ist jedoch: Dem Vorstand kommt auf Grund seiner Ehrenamtlichkeit in der Regel eine Haftungserleichterung zugute (solange nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt wird), sodass es letztendlich eher selten zu einer persönlichen Haftung des Vorstands kommen dürfte.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel ist mit Sorgfalt recherchiert und soll Ihnen als Orientierungshilfe dienen, indem er Sie bei der Entlastung ihres Ehrenamtes mit grundlegenden rechtlichen Anhaltspunkten unterstützt. Insbesondere da es sich inhaltlich um die Darstellung von Haftungsfragen handelt, erhebt der Artikel keinen Anspruch Vollständigkeit. Es wird zudem jegliche Form der Haftung bzgl. angesprochener Inhalte ausgeschlossen. Zwischen dem Leser und dem BMCO entsteht hierdurch keinerlei vertragliche Beziehung.

Lukas Amberger
Bundesmusikverband Chor & Orchester e.V (BMCO)
Erstellt: Juni 2023



Fußnoten

[1] Schadensersatzansprüche sind dabei sowohl aus den § 280 ff. BGB als auch aus deliktischen Ansprüchen denkbar.

[2] Vgl. § 276 Abs. 2 BGB.

[3] Zur Abgrenzung und zum Begriff der „groben“ Fahrlässigkeit siehe unten.

[4] Verein und Vorstand haften nach außen als Gesamtschuldner gem. §§ 840 Abs .1, 421 ff. BGB.

[5] Zur Erteilung steuerlicher Auskünfte vgl. § 93 AO.

[6] Zu Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten vgl. § 140 ff. AO.

[7] Zur Pflicht zur Abgabe einer Körperschaftssteuererklärung, Gewerbesteuererklärung und Umsatzsteuererklärung vgl. 149 AO.

[8] Zum Begriff der „groben“ Fahrlässigkeit und des Vorsatzes siehe unten.

[9] Der Vorstand haftet in diesem Fall unter Umständen nach § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht.

[10] Gemeint ist die Haftung des Vorstands gegenüber Dritten im „Außenverhältnis“.

[11] Vgl. OLG Nürnberg NZG 2016, 112, sowie NJR-RR 2016, 153.