Die Arbeit mit dem Atem lohnt sich nicht nur für Sänger*innen und Blasinstrumente – auch alle anderen Instrumentalist*innen können von einem bewussten und freien Atmen im Alltag wie beim Musizieren profitieren.
Aktives Atmen bei körperlicher Anstrengung hilft dabei, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann die Atmung festgehalten wird und wie sich tiefe Atmung anfühlen kann. Hier kann besonders gut mit Yoga gearbeitet werden: Die Übungen aktivieren und dehnen nicht nur den gesamten Körper, sondern werden von einer gezielten Atmungschoreografie begleitet. Hier kann das tiefe Atmen unter körperlicher Halte-Anspannung sowie bei fließenden Bewegungen geübt werden. Reine Atemübungen im Sitzen oder Liegen heißen Pranayamas. Sie sollen dabei helfen, den Körper und Geist in Gleichgewicht zu bringen. Eine einfache Übung gegen Lampenfieber, Nervosität oder Stress ist die „4-7-8 Atemübung“. In einer bequemen Position atmet man vier Sekunden ein, hält sieben Sekunden die Luft an und atmet acht Sekunden aus. Die Zunge ist dabei locker und berührt die unteren Schneidezähne oder den Gaumen an den Vorderzähnen.
Qigong ist eine Technik, die auf chinesischer Kampfkunst basiert und der Gesundheit von Körper und Geist dient. Der Fluss des »Qi« im Körper soll dabei positiv beeinflusst werden: »Qi« ist nicht nur Lebensenergie, sondern auch Atemfluss. Die Übungen vereinen daher eine ruhige Geisteshaltung und langsam fließende, koordinierte Bewegungen mit tiefem rhythmischem Atmen. Durch diese Verbindung können die Übungen besonders beim Einsingen/Aufwärmen genutzt werden, aber auch durch eine langfristige Praxis das Bewusstsein für Körper, Geist und Atmung sowie das Wohlbefinden stärken.
Zusätzlich gibt es zahlreiche Atemschulen aus der Musizierpraxis, in denen der Atem gezielt vertieft und der Atemapparat entspannt und trainiert wird (z.B. von Robert Kreutzer). Auch Körperschulen wie Alexander Technik helfen dabei, über eine bewusste Haltung die Atmung und den Hals zu entspannen.
Um die Lungenkapazität und Atemmuskulatur zu trainieren, wurden zahlreiche Hilfsmittel entwickelt, etwa Atembeutel oder Atemtrainer mit Bällen. Atemtraining ist jedoch auch mit Alltagsgegenständen möglich, beispielsweise mit einem Luftballon: Der Ballon wird mit langen Atemzügen mehrmals aufgeblasen. Diese Übung kann erweitert werden, indem man die Wangen immer wieder aufbläst und zusammendrückt, während die Lippen den Luftballon zuhalten. Ebenfalls lässt sich der Luftballon über die Mundstücke verschiedener Instrumente ziehen und aufblasen. Hilfreich ist auch ein Blatt A4-Papier: Das Blatt wird so lange wie möglich glatt an eine Wand gepustet oder flach auf dem Boden liegend mit dem Atemstrom angestoßen. Geübte können jeweils den Abstand vergrößern.
Auch gibt es Systeme, mit denen ein gleichmäßiger Atemdruck geübt wird, was besonders für Sänger*innen hilfreich ist. Ein Beispiel ist LaxVox: Hier wird in einen Schlauch gesungen, der in einem Wasserbehälter steht, und dadurch Wasser verdrängt. Durch die Vibrationen sowie die gleichmäßige Benutzung der Stimme wird diese außerdem entspannt und regeneriert – also auch empfehlenswert für Bläser*innen, die gerne ihren Hals verengen.
Des Weiteren lohnt es sich für Blasinstrumentalist*innen, die eigene Atemtechnik weiterzuentwickeln. Ein Beispiel hierfür wäre die Zirkularatmung. Dabei wird ein Luftvorrat im Mund angelegt, der in sein Mundstück gegeben wird, während man gleichzeitig durch die Nase einatmet. Dadurch können Töne länger ausgehalten und längere Phrasen ohne Unterbrechung gespielt werden. Die Atemtechnik kann innerhalb einer kurzen Zeit mit beispielsweise einem Strohhalm und einem Glas Wasser erlernt werden. Auch wenn die Zirkularatmung in der Musikpraxis selten angewandt wird, hat sie einen positiven Einfluss auf die Zwerchfellatmung und die Ansatzstabilität.
IMPULSFRAGEN
- Wie kann tiefer Atem wahrgenommen und geübt werden?
- Wie fließt der Atem unter körperlicher Anstrengung?
- Wie kann aktiver, ruhiger Atem geübt werden?
- Wo gibt es Hilfe zu Atemtechnik?
- Welche Hilfsmittel für Atemschulung könnten ich nutzen?
- Welche Atemtechniken gibt es noch?