Proberäume in Pandemiezeiten und was es zu beachten gibt

Wenn das Proben im Freien nicht möglich oder gewollt ist, ist es essentiell, sich über die Gegebenheiten und Parameter des Raumes zu informieren, um das Ansteckungsrisiko mit einem Virus so gering wie möglich zu halten. Dieser Beitrag ist im Zuge der Corona-Pandemie entstanden. Die Informationen können auch genutzt werden, um andere Krankheitsübertragungen einzudämmen, zum Beispiel in der Erkältungssaison.

Der Raum ist ein entscheidender Faktor und Bindeglied zwischen einer gelungenen Probe und einem funktionierenden Hygienekonzept.

Neben den räumlichen Gegebenheiten sind die Parameter Personenanzahl, Probendauer, Probenart (sprich: Welche Ensemble-Formation wird musizieren?), Abstandsgebot entscheidend (siehe auch Proberäume für Ensembles finden). 

Im Folgenden wird über Viren gesprochen; bakterielle Krankheiten können mitgedacht werden.

Inhalt

Ansteckungsfaktoren in Innenräumen 

Es gilt grundsätzlich zwei grundsätzliche Übertragungswege zu unterscheiden: durch Tröpfchen, z. B. beim Atmen, Sprechen, Singen oder Schreien sowie durch Husten und Niesen – oder durch Aerosole, die bei jeder Ausatmung den Körper verlassen und an die sich die Viren bei einer infizierten Person „anheften“. Die Anzahl der Aerosolbildung ist abhängig von der jeweiligen Tätigkeit einer Person. Je nach musikalischer Aktivität unterscheidet sich der Aerosolausstoß: Beim Singen stößt man beispielsweise zehnfach mehr Aerosole aus als beim Singen.

Zudem konnte in wissenschaftlichen Studien herausgefunden werden, dass es deutlich indi-viduelle Unterschiede in Bezug auf die Aerosolbildung gibt. Wovon diese Unterschiede ab-hängen, lässt sich nach derzeitigem Wissensstand nicht eindeutig klären. Daher ist es be-sonders wichtig, sich gründlich an die Einhaltung der Maßnahmen zu halten.

Ein dritter Übertragungsweg des Virus ist der Weg über Oberflächen und die Kontaktüber-tragung. Aus diesem Grund sind Situationen wie z. B. das Händeschütteln zu vermei-den. Regelmäßiges Händewaschen, die Hust- und Nies-Etikette sowie die Vermeidung sich mit ungereinigten Händen im Gesicht zu berühren, verringern das Ansteckungsrisiko. Achten Sie z. B. darauf, dass die Klaviertastatur vor Probenbeginn gereinigt oder desinfiziert wird.

Schutz von Tröpfcheninfektion 

Vor einer Übertragung durch Tröpfchen schützen die Abstandsregelungen von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen ebenso wie die Bedeckung von Mund und Na-se (empfohlen mittels FFP2-Masken). Um Tröpfchen beim Sprechen und Singen aufzufan-gen, kann es Teil des Hygienekonzeptes sein, Mund und Nase während der ganzen Pro-be konstant zu bedecken. Die Einhaltung der sogenannten AHA-Regeln (Abstand – Hygie-nemaßnahmen – Alltagsmaske) trägt zum Schutz vor einer Übertragung via Tröpfchen bei.

Für Blasinstrumente wird empfohlen, das Kondenswasser in separaten Behältern oder mit einem Tuch aufzufangen und dieses nach der Probe direkt zu entsorgen und darüber hinaus die Instrumente regelmäßig zu reinigen. 

Schutz vor Aerosolinfektion 

Hier wird generell unterschieden zwischen der Übertragung im Nahfeld eines Menschen (Distanz < 1,5 m) und der zunehmenden Konzentration von Aerosolen in der Raumluft. Vor der Übertragung im Nahfeld schützen ebenfalls die Abstandsregelung sowie die Filterwirkung von medizinischen Masken, wie FFP2-Masken und (mit etwas geringerer Filterwirkung) OP-Masken.  

Alle anderen, sogenannten Alltagsmasken, sind keine medizinischen Produkte und schützen deswegen sehr unterschiedlich. Achten Sie in jedem Fall darauf, dass Ihre Maske dicht und passgenau sitzt (keine sogenannten „Leckagen“ bildet). Von der alleinigen Nutzung von Gesichtsvisieren ist grundsätzlich abzuraten ist, da diese nur Tröpfchen abhalten, jedoch keine Aerosole.

Das Risiko einer Ansteckung durch Viren, die über Aerosole transportiert werden, kann dadurch reduziert werden, dass die Luft in geschlossenen Räumen regelmäßig ausgetauscht und die Virenlast dadurch erheblich gesenkt wird. Daraus ergibt sich die Erweiterung der beschriebenen AHA-Regel um die Komponente Lüftung zur sogenannten AHA-L-Regel.

Das funktioniert entweder durch Klima- bzw. Lüftungstechnik[1] oder manuelle Fensterlüftung. Hierbei ist das sogenannte „Stoßlüften” am effektivsten. Die Lüftungsintervalle richten sich auch hier wieder nach der Raumgröße. Als Daumenregel gilt: Nach 30 Minuten Probe sollte eine ca. 15-minütige Lüftungspause eingeplant werden. 

Die Luftqualität kann zudem durch CO2-Messung ständig überprüft werden (z.B. durch CO2-Ampeln), denn die CO2-Konzentration dient als guter Indikator für die Konzentration der Aerosolpartikel. Je geringer die CO2-Konzentration im Raum, umso weniger Aerosole sind auch in der Raumluft enthalten. 

Als Richtwert, ab dem spätestens gründlich gelüftet werden muss, gelten 800 ppm.[2]

Generell gilt: Je kürzer Sie sich im Innenraum aufhalten, desto besser.  

Relevante Kriterien für Probenräume 

Parameter Raumgröße/Personenanzahl 

Die Grundfläche und Höhe des Raumes und die Anzahl der im Raum befindlichen Personen sowie Aktivität und Zeitdauer, in welcher sich die Personen in einem geschlossenen Raum befinden, spielen eine wichtige Rolle.  

Je nach Tätigkeit des Ensembles sind unterschiedliche Abstandsempfehlungen und -regelungen einzuhalten. In den Grundlagen für das Musizieren unter Pandemiebedingungen findet sich der aktuelle Stand der Wissenschaft, ergänzt durch Empfehlungen. 

Je nach Aktion der Person bemisst sich der Abstandsradius und die benötige Quadratmeterzahl, die für die Kalkulation des Probenraumes und der Personenanzahl relevant ist. 

In unserer Rubrik „Aus der Praxis“ finden Sie eine aktuelle Zusammenstellung, welche Regelungen für das Musizieren in den jeweiligen Bundesländern und Bistümern gelten.

Die Deckenhöhe ist ebenfalls entscheidend: Ausgestoßene Aerosole steigen – da sie i.d.R. wärmer als die umgebende Luft sind – auf und vermischen sich dann mit der Raumluft. Sie sammeln sich in geschlossenen Räumen zunächst an der Decke an und verteilen sich im weiteren zeitlichen Verlauf – ähnlich wie ein Gas – im ganzen Raum. Je länger also eine Probe dauert, desto höher die Aerosollast im Innenraum.  Auch wenn Ihr Probenraum mit hohen Decken ausgestattet ist, ist auf das regelmäßige Lüften nicht zu verzichten. 

Bitte beachten Sie bei der Planung der Probe und Teilnehmenden die Corona-Schutzverordnungen Ihres Bundeslandes und ggf. ihres jeweiligen (Erz-)Bistums oder Landeskirche.

Lüftung 

Bei räumlichen Gegebenheiten ohne maschinelle Lüftungsanlage muss manuell, also aktiv gelüftet werden, um die Aerosollast im Innenraum abzusenken: Fenster auf! Hierbei ist die regelmäßige und intensive Stoß- und Querlüftung von gegenüberliegenden Fenstern wichtig, um einen Luftstrom zu erzeugen. Bei einem Probenraum sollte also das Augenmerk darauf liegen, wie gut die Luft zirkulieren kann – sprich: wie gut kontinuierlich Frischluft zugeführt werden kann.  

Achten Sie darauf, wie viele Fenster zu öffnen sind, wie diese angeordnet sind und wie praktikabel eine Dauerlüftung während der Probe ist. Die Luftqualität kann zudem durch CO2-Messung ständig überprüft werden (z.B. CO2-Ampeln). Als Richtwert, ab dem spätestens gründlich gelüftet werden muss, gelten 800 ppm.[3]

Hinweis: Apps (zum Beispiel die CO2-App der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ) können Ihnen dabei helfen, die notwendigen Lüftungsintervalle für den jeweiligen Proben-/ Konzertraum einzuhalten. 

Ventilatoren dienen nicht der Lüftung und ersetzten das Lüften nicht! Sie verwirbeln lediglich die im Raum vorhandene Luft. Wichtig ist jedoch, dass Frischluft dem Raum zugeführt wird und die im Raum befindliche Luft nach außen gelangt. Allerdings können sie – an der richtigen Stelle im Raum positioniert, z. B. vor einem geöffneten Fenster mit gegenüberliegender geöffneter Tür – auch dabei unterstützen, den Luftaustausch zu befördern, weil so ein Luftstrom entsteht. 

Aufenthaltsdauer 

Die Aufenthaltsdauer in den Probenräumlichkeiten ist abhängig von Raumgröße und der Frischluftmenge. Grundsätzlich sollte die Aufenthaltsdauer so kurz wie möglich gehalten werden, denn: Je länger man sich in den geschlossenen Räumen aufhält, desto größer ist – aufgrund der Anreicherung von Aerosolen – auch das Infektionsrisiko.

Verschiedene Rechner können für die Kalkulation von Probendauer, Lüftungsintervallen und Personenanzahl zu Rate gezogen werden. 

Gemessen an den Faktoren Raumgröße, Lüftungssituation, Personenanzahl und in Abhängigkeit zur Aufenthaltszeit kann mittlerweile in digitalen Raumrechnern jedes Ensemble individuell für sich in wenigen Schritten das jeweilige Infektionsrisiko der Probe ermitteln und an die eigenen Gegebenheiten anpassen. Bei den Berechnungen liegt die Annahme eines infizierten Teilnehmenden im Raum zugrunde. Wenn von mehreren Infizierten auszugehen ist, müssen die Sicherheitsvorkehrungen verschärft und die Personenzahl muss entsprechend reduziert werden.

Zur Ermittlung des Risikos im Bereich des (Amateur-) Musizierens eignen sich diese Rechner[4]

Zugangsmöglichkeiten und Wegplanung  

Bereits beim Zugang zum Gebäude ist zu beachten, dass Möglichkeiten geschaffen werden können, um Gruppenbildung beim Betreten zu vermeiden. Beim Betreten und Verlassen des Gebäudes und des Probenraumes sind die Abstandsregeln einzuhalten und medizinische Masken, besser noch FFP2-Masken, zu tragen.

Ebenfalls hat es sich bewährt, nach Möglichkeit Ein-Wege-Systeme zu etablieren: Eine Tür dient ausschließlich als Eingang, die andere ist ausschließlich zum Verlassen des Raumes bzw. des Gebäudes gedacht. Dies wäre exemplarisch im Hygienekonzept zu erfassen. Diese Zugänglichkeit kann auch ein Suchkriterium beim Ermitteln eines neue Probenraumes darstellen. Sie können die Laufwege z. B. durch Markierungen am Boden und an Wänden vorgeben, um auch in engen Fluren oder beim Zugang zu sanitären Anlagen Kontakte zu vermeiden.

Auch in den Bereichen der Garderobe und dort, wo Instrumente ausgepackt werden, sollte genügend Bewegungsfreiheit bedacht werden, da hier mit einer kurzen Verweildauer zu rechnen ist.

Tipp: Falls Brandschutztechnisch erlaubt, könnten Instrumente und Garderobe am Platz ausgepackt bzw. verwahrt werden, um Gruppenbildung entgegenzuwirken und das Verlassen des Raumes zügig zu gewährleisten.

Neben einer Anwesenheitsliste ist ein präziser Sitz- und Raumnutzungsplan für die Probenteilnehmer*innen zu erstellen. Idealerweise hat jedes Ensemblemitglied einen festen (Sitz-) Platz. Es ist dennoch ratsam, die genaue (Sitz-) Position aller teilnehmenden anwesenden Personen für jede Probe zu protokollieren, um Infektionsketten sicher nachverfolgen zu können. Weitere Informationen dazu finden Sie im Artikel Hygienekonzepte erstellen und Verantwortlichkeiten.

Yvonne Rohling
Deutscher Chorverband e.V. 
Erstellt: März 2021
Zuletzt bearbeitet: Mai 2023



Fußnoten

[1] Bundesumweltamt: Eckpunkte für den Betrieb von Kultureinrichtungen in der Pandemie

[2] Vgl. Grundlagen für das Musizieren unter Pandemiebedingungen, Version 1.0 vom 24.04.2021; S. 10; S.33ff. Die neuste Version ist hier zu finden.

[3] Vgl. Grundlagen für das Musizieren unter Pandemiebedingungen, Version 1.0 vom 24.04.2021; S. 10; S.33ff. Die neuste Version ist hier zu finden.

[4] Anmerkung: Es können aktuell nur Räume bis 100qm2 berechnet werden.