Mustersatzung für Vereine

Eine Satzung regelt grundlegende Punkte wie den Vereinszweck, die Mitgliedschaft, die Aufgaben von Mitgliederversammlung und Vorstands, Wahlverfahren und vieles mehr. Sie finden hie eine Mustersatzung als Inspiration.

Hintergrund: Vereinigungsfreiheit und Grundrechte des Grundgesetzes

Art. 9 Abs. 1 GG sichert deutschen Staatsbürgern das Recht zu, Vereine und Gesellschaften zu bilden.[1] Innerhalb von Vereinen können sich die Mitglieder in freier Selbstbestimmung eine eigene innere (demokratische) Ordnung geben, die weitgehend frei von staatlicher Reglementierung ist. Die Grenzen der Vereinsfreiheit sind erst erreicht, wenn der Verein gegen das Strafrecht, die Verfassung oder den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen sollte.[2]

Dabei schützt Art. 9 Abs. 1 GG aber in erster Linie „nur“ die vereinsspezifischen Betätigungen, d.h. sämtliche Betätigungen im Zusammenhang mit dem Entstehen und dem Bestehen der jeweiligen Vereinigung.[3] Dies umfasst insbesondere die autonome Gestaltung der Organisation, das Verfahren der Willensbildung, sowie die Führung der Geschäfte. Hierzu zählt jedoch auch das schlichte Recht, einem Verein generell fernzubleiben (sog. Negative Vereinigungsfreiheit). Eine privatrechtliche Pflichtmitgliedschaft wäre mithin dem Grunde nach unzulässig.[4]

Nicht von Art. 9 Abs. 1 GG geschützt ist hingegen das Verhalten, welches den Vereinszweck nach außen realisiert. Vielmehr ist hier der Schutzbereich der jeweils betroffenen und insoweit auch spezielleren Grundrechte, wie etwa der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, oder im Falle des Musizierens beispielsweise der Allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. aus der Sicht mancher Musizierender, welche für den Verein womöglich auch gegen Entgelt spielen, ggf. auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, eröffnet.

Aber auch innerhalb des Vereinslebens sind die Grundrechte einzelner Mitglieder durchaus zu beachten. Zwar stellen Grundrechte in erster Linie Abwehrrechte gegenüber dem Staat dar (so eben auch Art. 9 Abs. 1 GG hinsichtlich der jeweils vereinsspezifischen Betätigungen), sie bilden jedoch gleichzeitig auch eine objektive Werteordnung, die ihre Wirkung jedenfalls mittelbar unter Umständen auch im Privatrecht, sprich im rechtlichen Kontakt zwischen Privaten untereinander, entfalten können. Dies geschieht mittels entsprechender „Einbruchstellen“, etwa bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, bei welcher die objektive Werteordnung zu beachten ist.[5] In wieweit beispielsweise auch der im Alltag vergleichsweise wichtige Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zwischen „Privaten“ sogar unmittelbar angewendet werden kann, ist zwar rechtlich umstritten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass willkürliche Differenzierungen zwischen verschiedenen Vereinsmitgliedern vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG deswegen grundsätzlich und ganz ohne Weiteres zulässig wären.[6] Auf individuelle Rechte der einzelnen Vereinsmitglieder ist entsprechend Rücksicht zu nehmen. (Vgl. hierzu Fotos und Videos rechtssicher bei der Öffentlichkeitsarbeit verwenden)

Allgemeiner Anwendungshinweis zur Mustersatzung

Die hier vorgeschlagene Mustersatzung zielt in erster Linie auf Ensembles der Amateurmusik ab, kann aber natürlich abgewandelt werden, wie insbesondere die drei Pünktchen und die Vorschläge in Klammern andeuten. Einige hier enthaltene Regelungen wie z.B. die Vorschriften zur virtuellen Mitgliederversammlung oder zur Jugendarbeit dienen zur Inspiration. Vereine ohne eine Jugendarbeit verzichten natürlich auf solche Vorgaben. Derartige verzichtbare Regeln sind kursiv dargestellt.

Download: Mustersatzung

Zur virtuellen Mitgliederversammlung

Die mit dem 01.09.2022 ausgelaufene Regelung des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 COVMG[7]  hatte die nötigen Abweichungen vom für Mitgliederversammlungen in seiner damalig Fassung einschlägigen § 32 BGB temporär ermöglicht, um Mitgliederversammlungen wahlweise auch virtuell stattfinden zu lassen.[8] (Vgl. Virtuelle Mitgliederversammlungen durchführen) Mit dem Auslaufen dieser Regelungen bedurfte es ab Herbst 2022 deshalb zwischenzeitlich für Mitgliederversammlungen, welche virtuell stattfinden sollten, zumindest vorrübergehend einer dauerhaften und satzungsmäßigen Verankerung der Online-Verfahrensweise im Verein.

Die in § 7 Nr. 4 und 5 der hier abgebildeten Mustersatzung vorgesehene Regelung ist daher auch mit einer solchen Formulierung für eine dauerhafte Verwendung im Verein versehen.

Inzwischen hat der Bundestag jedoch das „Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht“ verabschiedet, wodurch mit Geltung ab dem 21.03.2023 der § 32 BGB um folgenden Absatz 2 ergänzt wird[9]:

Wortlaut des „neuen“ § 32 Abs. 2 BGB

(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Das heißt: Es ist also nach Entscheidung des Ladungsorgans bzw. des Vorstands künftig einerseits jederzeit möglich, statt einer Präsenzversammlung auch eine hybride Mitgliederversammlung abzuhalten, bei der Mitglieder elektronisch zugeschaltet werden (wobei es letztendlich dem Mitglied selbst überlassen werden muss, „wie“ es teilnehmen möchte). Und andererseits ist es künftig auch möglich, eine Mitgliederversammlung überhaupt rein virtuell abzuhalten, ohne dass hierfür eine entsprechende Regelung in der Vereinssatzung enthalten sein muss.

Sowohl bei virtueller als bei hybrider Mitgliederversammlung sind im Rahmen der technischen Umsetzung die Mitgliederrechte wie Stimmrecht, Rederecht und Antragsrecht uneingeschränkt zu gewährleisten. Hier kann eine gesonderte Satzungsregelegung deshalb nachwievor sinnvoll sein, insbesondere um eine einheitliche, transparente und verbindliche Handhabe zu gewährleisten. Werden in der Vereinssatzung nämlich konkretere Regelungen zur virtuellen Mitgliederversammlung getroffen, als sie dem Grunde nach in § 32 Abs. 2 BGB vorgesehen sind, gelten die Regelungen der Vereinssatzung.

Das heißt daher: Auch wenn gem. § 32 Abs. 2 BGB Mitgliederversammlungen fortan auch ohne satzungsmäßige Verankerung virtuell durchgeführt werden dürfen, ist es weiterhin sinnvoll und empfehlenswert entsprechende Regelungen in die Vereinssatzung mitaufzunehmen und darin die jeweils vorgesehenen Abläufe möglichst konkret abzubilden. Da § 32 Abs. 2 BGB die technische Umsetzung einer digitalen Mitgliederversammlung bewusst offenlässt, können so bsplw. explizit auch Mischformen zwischen einer synchronen Teilnahme und einer anschließenden (damit dann asynchronen) schriftlichen Abstimmung ermöglicht werden. Insgesamt kommt für die virtuelle Teilnahme neben der gängigen Videokonferenz praktisch jede Form elektronischer Kommunikation in Frage. Trifft die Satzung allerdings keine eigene Regelung zu einer Möglichkeit der Trennung von Sitzung und Abstimmung, müssen die Abstimmungen gem. der Vorlage in § 32 Abs. 1 BGB immer im zeitlichen Rahmen der Versammlung selbst stattfinden.

Haftungsausschluss: Dieser Artikel ist mit Sorgfalt recherchiert, sowie durch Quellennachweise belegt, und soll Ihnen als Orientierungshilfe dienen, indem er Sie bei der Entlastung ihres Ehrenamtes mit grundlegenden rechtlichen Anhaltspunkten unterstützt. Es wird dabei jegliche Form der Haftung bzgl. angesprochener Inhalte ausgeschlossen.

Dr. Kiyomi v. Frankenberg
Bundesverband Amateurmusik Sinfonie- und Kammerorchester e.V.
Erstellt: März 2021

Lukas Amberger
Bundesmusikverband Chor & Orchester
Zuletzt bearbeitet: Mai 2023

Fußnoten

[1] Vgl. zu näheren Konkretisierungen auch den Gesetzestext von § 2 Abs. 1 VereinsG.

[2] Vgl. BeckOK BGB/Schöpflin § 21 BGB vor Rn. 1, sowie Rn. 55 f.

[3] Vgl. BVerfG, NJW 1996, 1203.

[4] Vgl. BVerfGE 13, 174 (175) = NJW 1961, 2251; BVerfGE 30, 227 (230) = NJW 1971, 1123; sowie BeckOK/Schöpflin § 21 BGB Rn. 56.

[5] vgl. BVerfGE 7, 198; NJW 1994, 36.

[6]Vgl. insoweit die Ausführungen des BVerfG NJW 2018, 1667 (1670), Rn. 45 zur Ausstrahlung des allgemeinen Gleichheitssatzes in das Zivilrecht; sowie Dr. Simon Jobst NJW 2020, 11 (12 a.E.).

[7] Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.

[8] Vgl. auch OLG München, Beschluss v. 23.11.2020 – 31 Wx 405/20, Verlangen der Einberufung einer außerordentlichen Delegiertenversammlung bei derzeitiger COVID-19-Pandemie.

[9] Vgl. zu Umfang und Begründung der Gesetzesänderung im Detail Bundestagsdrucksache 20/5585.

[10] Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.

[11] Vgl. zum neuen Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen auch die Bundestagsdrucksache 20/5585.